Hanns Martin Schleyer

 

Um ein kleines Schlaglicht auf eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Republik zu werfen, folgen a) Kurzbiographien von Schleyer und Fritz Ries aus Bernt Engelmanns "Grosses Bundesverdienstkreuz", b) Schilderung der unbegreiflichen Fahndungspannen nach der Schleyer-Entführung durch Andreas von Bülow c) Untergrund-Pamphlet zur Schleyer-Entführung (von dessen strafrechtlich relevanten Inhalt wir uns nachdrücklich distanzieren - Veröffentlichung erfolgt aus den Gründen des § 86 Abs. 3 StGB) und d) aktueller Stand der Forschung zu der Rolle, die Schleyer als Exponent der Nazis in Prag bzw. in der Tschechei zu Ende des 2. Weltkrieges gespielt hat:

 

a) SCHLEYER, Hanns Martin, geboren am 1. Mai 1915 in Offenburg, Mitglied des Vorstands der DaimlerBenz AG und Präsident der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

 

Seit 1931 Mitglied der HJ, dann der SS und der NSDAP. Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Heidelberg, dort Leiter des NS‑Reichsstudentenwerks, NS-­Amtsleiter und Mitunterzeichner eines Denunziantenberichts an das Badische Ministerium für Kultur und Unterricht; 1938 Leiter des NS‑Reichsstudentenwerks in Innsbruck, 1941 in Prag.

 

Bis 1945 als SS‑Führer und Leiter des Präsidialbüros im >Zentralverband der Industrie für Böhmen und Mähren< in Prag tätig.

 

Seit 1951 bei der Daimler‑Benz AG, zuletzt Personalchef. Zahlreiche Aufsichtsratsmandate, u. a. stellvertretenden Vorsitz bei der PEGULAN AG.


 

RIES, Fritz, geboren am 4. Februar 1907 in Saarbrücken, Industrieller, königlich marokkanischer Honorar‑Konsul.

 

Seit 1934 persönlich haftender Gesellschafter der Flügel & Polter KG, Leipzig. Durch zahlreiche >Arisierungen< und >Übernahmen< erweiterte er diesen 120-Mann‑Betrieb zu einem Konzern mit über 10 000 Beschäftigten und wurde dessen Hauptgesellschafter.

 

Mitglied der NSDAP seit 1933; 1936 vorgesehen als >Vertrauensmann für besondere Angelegenheiten< der Geheimen Staatspolizei.

 

Seit 1945 in Westdeutschland tätig, Vorstandsvorsitzer der PEGULAN‑Werke AG, Hauptaktionär der RIES‑Gruppe, Mitglied des Beirats der Commerzbank AG.

 

In Anerkennung seiner Verdienste wurde er 1967 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz, 1972 mit dem Stern dazu ausgezeichnet.

Quelle: Bernt Engelmann "Grosses Bundesverdienstkreuz", S. 228 f

 

b) Zufällige Parallelen? Aldo Moro und Hanns Martin Schleyer


 

Italiener, denen die heimatliche Szene des Links‑ und Rechtsterrorismus gewärtig ist, sehen eine erstaunliche Ähnlichkeit zwischen der Entführung und Ermordung des italienischen Nationalratspräsidenten Aldo Moro und der des Hanns Martin Schleyer, des Vorstandsvorsitzenden der Daimler-­Benz AG und Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie.

 

Die in Italien aufgeworfene Frage der Ähnlichkeit der beiden Fälle trifft in Deutschland auf Schweigen. Auch das gründliche Werk von Stefan Aust zum Baader‑Meinhof‑Komplex schweigt sich trotz umfangreicher Literatur hierzu aus. Aus der Zusammenstellung der Ermittlungsergebnisse zum Baader‑Meinhof‑Verfahren ergeben sich jedoch eine Fülle von Ungereimtheiten. Die deutschen organisatorischen Unzulänglichkeiten dürften den italienischen entsprochen, wenn diese nicht gar an Unfähigkeit und Unbedarftheit übertroffen haben. So zieht der Generalbundesanwalt nach der Entführung Schleyers und der Ermordung der Begleitmannschaft in Köln das Verfahren an sich und beauftragt im Benehmen mit dem Bundesinnenminister das Bundeskriminalamt mit der zentralen Einsatzleitung. Im Innenministerium wird ein wenig erfahrener Beamter mit der schwierigen Aufgabe betraut. Der muß sich von den in den Startlöchern stehenden professionellen Landespolizeibehörden von Köln beziehungsweise Nordrhein‑Westfalen auffordern lassen, doch endlich in Köln bei der Kripo zu erscheinen, um die zentrale Einsatzleitung aufzubauen und in Gang zu setzen. Das über die Jahre mit Hunderten von zusätzlichen Stellen ausgestattete und vollcomputerisierte BKA schafft es nicht, mehr als zwei Telefonstandleitungen und eine Richtfunkleitung von Köln zum Zentralcomputer in Bad Godesberg zu schalten, um die nun in großer Zahl anfallenden Hinweise und Spuren einzugeben und mit den Daten des Zentralrechners abzugleichen. Es herrscht nach Auffassung der Landespolizei NRW das totale Chaos. Die vor Ort arbeitenden Polizeimannschaften bleiben von wichtiger Information ausgeschlossen. Die Einsatzkräfte seien hell empört gewesen.

 

In dieses administrative Chaos hinein sandte der Polizeiposten in Erfststadt‑Liblar bei Köln dreimal hintereinander den dringenden Hinweis auf das tatsächliche Versteck Hanns Martin Schleyers Im Renngraben 8 in Liblar. Alle von BKA‑Chef Herold ausgegebenen Suchkriterien paßten auf diese Adresse. Die Wohnung lag in einem anonymen Hochhaus mit Tiefgarage und Aufzug. Sie war nicht weit entfernt vom Tatort und in der Nähe von Autobahnauffahrten. Die Miete war zusammen mit der Kaution kurzfristig mit Bargeld bezahlt worden. Beim Abschluß des Mietvertrages fielen die Bargeldbündel in der Handtasche der Mieterin auf. Die Mieterin der Wohnung gab eine nicht existierende Heimatadresse an, bei deren Einfütterung in den Zentralcomputer sofort Alarmsignale ausgelöst worden wären. Der BKA‑Computer hatte eine Fülle weiterer Hinweise zur Person der Mieterin und deren Bezug zur RAF gespeichert, die für die Fahnder abrufbar gewesen wären. Die Wohnung hätte spätestens in 48 bis 62 Stunden gestürmt und Schleyer möglicherweise befreit werden können. Der langjährig auf die Lösung eines derartigen Falles hinarbeitende Herold hätte den gerechten Lohn für sein Lebenswerk erhalten.

 

Doch der teils fernschriftliche, teils per Boten übermittelte Hinweis verschwand gleich dreimal hintereinander von der bürokratischen Bildfläche. Wie dies möglich war, ist bis heute unaufgeklärt geblieben. Stefan Aust geht von einer regelrechten Verschwörung von Beamten des Bundeskriminalamtes und des Landes Nordrhein-Westfalen aus. So habe der stellvertretende Leiter des BKA Boeden seinerzeit einen streng vertraulichen Aktenvermerk verfaßt, wonach alle mit dem Sachverhalt vertrauten Beamten des Landes Nordrhein‑Westfalen zu Stillschweigen verpflichtet worden seien, das auch gegenüber der von Bundes‑ und Landesregierung zur Untersuchung des Falles eingesetzten Höcherl‑Kommission gewahrt worden sei. Boeden, zugleich Leiter der Antiterrorabteilung im BKA, habe die Untersuchungskommission an seinem Wissen nicht teilhaben lassen, um die Karriere seines Informanten im Polizeidienst des Landes Nordrhein‑Westfalen nicht zu gefährden. Wem Boeden, später Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, seinen streng vertraulichen Bericht zur Kenntnisnahme vorgelegt hat, ist aus den Akten wegen angeblich unleserlicher Zeichen unbekannt.

 

So wie im Falle Aldo Moro in Rom die Geheimdienste die Spuren sowohl der Entführer verwischten und die Polizei auf die falsche Fährte setzten, geschah dies auch in Köln. Wenn dreimal hintereinander die heißeste nur denkbare Spur aus dem Verkehr der riesigen polizeilichen Ermittlungsmaschine gezogen wird, dann kann nicht Fahrlässigkeit, dann muß letztlich Vorsatz im Spiel gewesen sein. Oberstes Ziel des Eingriffs in die Ermittlungen muß gewesen sein, die Bundesrepublik und deren Regierung als "soft on terrorism", wahlweise als "soft" bis unfähig "on crime" zu blamieren.

 

Quelle: Andreas von Bülow "Im Namen des Staates - CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste", S. 449 - 451

 

 

c) wir hier unten teilen nicht die Empörung der Obrigkeit!

 

wer ist schleyer? Die regierung und andere typen spielen das spiel der großen empörung und wollen uns weißmachen, daß schleyer ein normaler bürger wie jeder andere auch ist. doch wir lassen und nicht von ihnen kirre machen und wissen genau, daß es den richtigen traf, keinen x-beliebigen bürger!

 

1.     mai 1915 wurde schleyer in offenburg/baden geboren.

1931: als schüler mitglied der hitlerjugend.

1934: als 19-jähriger mitglied der "SS", trägt das goldene ehrenzeichen. wurde leiter des reichsstudentenwerkes in heidelberg (tarnorganisation des sicherheitsdienstes).

1937: der jurastudent, reichsstudenten-werks-amtsleiter und ss-scharführer schleyer wird schulungsleiter der 13. ss-reiterstandarte.

1938: sonderurlaub für "auslandseinsatz" in österreich.

aufbau einer reichsstudenten-werksfiliale an der uni insbruck.

das selbe in Prag!

später chef des präsidialbüros im "zentralverband der industrie für böhmen und mähren", zuständig für die mobilisierung des industriepotenzials im interesse der deutschen rüstung.

1951: ab dieses jahr aufstieg bei der daimler-benz ag bis zum vorstandsmitglied. er propagierte hartes durchgreifen gegen arbeitnehmer und schloß streikende (mehrere 100 000) aus, die für höhere Löhne streikten.

1971: präsident der bundesvereinigung der deutschen arbeitgeberverbände (bda).

1976: vorsitzender im präsidium des bundesverbandes der deutschen industrie (bdi).

hier maßgebend daran beteiligt, die arbeitslage in deutschland und im ausland zu bestimmen.

die haltung und der kurs der arbeitgeber bei lohn- und arbeitsfragen (z.b. massenkündigungen, lohnstopp, preiserhöhung, arbeitslosigkeit usw.) werden im hohen maße von schleyer mitbestimmt.

 

ein ganz einfacher bürger aus dem volke???

ab 5.9.77:

gefangener der roten armee fraktion!

 

wir teilen nicht die wut und empörung der obrigkeit. er ist einer der größten verbrecher mit weißem kragen.

doch hoffen wir, daß er bald lebendig aus der gefangenschaft kommt, auf das er baldigst früh danach entschlummert.

 

SCHAFFT VIELE SÜMPFE!

ES LEBEN DIE SUMPF-BLUMEN

SUMPFY

 

 

Otto Köhler

Irrungen und Wirrungen

<span class="stichwort">WAS GESCHAH AM 6. MAI 1945 IN PRAG?</span><span class="untertitel">Über einen notwendigen und doch misslungenen Schleyer-Film</span>

Eine "posthume Hinrichtung" vollzog sich am Abend des 20. August in der ARD. So stand es jedenfalls in der Welt, die erläuterte: "Der Delinquent heißt Hanns Martin Schleyer; er wurde am 18. Oktober 1977 von Terroristen erschossen." Der Journalist Lutz Hachmeister schwinge sich ein Vierteljahrhundert danach "zum publizistischen Ankläger, Richter und Vollstrecker" auf, zum Henker also, der Schleyer ein zweites Mal umbringe.

Damit hält sich die Welt auch heute noch an ein Gebot des Hamburger Schulsenators Günter Apel von 1978. Er untersagte es damals den Lehrern der Hansestadt, im Unterricht etwaige "dunkle Punkte" im Leben des Hanns Martin Schleyer auszuleuchten, der nach seiner Wahl zum Doppelpräsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und zugleich der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände von RAF-Leuten entführt und ermordet worden war. Diese "dunklen Punkte" sind nicht völlig ausgespart in Hachmeisters ARD-Film Schleyer. Eine deutsche Geschichte, der auch in einigen Programmkinos läuft. Hachmeister, so die Welt, sage es nicht offen, aber man spüre es stets: "Das Opfer gilt dem Regisseur als legitimes Ziel, der Terror der RAF als mindestens nicht unbegründet." In Wahrheit habe Schleyers "Verhalten dem von Millionen anderer Deutscher entsprochen." Deshalb klagt die Welt: "Eine gründliche und um Fairness bemühte Dokumentation wäre also lohnend gewesen."

Nahezu die gesamte übrige Presse war sich einig, dass Hachmeisters Film über Schleyer fair ist und einfühlsam. Dass Hachmeister sich überhaupt des Themas angenommen hat, ist verdienstvoll, wie die Reaktion der Welt bestätigt, auch wenn der Film nicht viel Neues bringt und gegenüber Schleyer eher zurückhaltend bleibt. Aus den reichlich vorhandenen Unterlagen über Schleyers Heidelberger Studentenzeit im Korps Suevia und in der SS zitiert Hachmeister einiges in Wort und Bild. Dass Schleyer als studentischer Leiter des Heidelberger Studentenwerkes zugleich Beauftragter des SD, des terroristischen Sicherheitsdiensts der SS, war, bleibt allerdings unerwähnt, ebenso die folgenreiche Denunziation des Freiburger Rektors Friedrich Metz.

1941 kam Schleyer in gleicher Funktion an die Universität im besetzten Prag und wurde schnell Leiter des Präsidialbüros des "Centralverbandes der Industrie für Böhmen und Mähren". Dessen Präsident, der gleichzeitig Beauftragter des Reichsprotektors Dr. Bernhard Adolf war, überließ Schleyer die Arbeit. Dass von dieser Prager Dienststelle aus die wirtschaftliche Expansion nach ganz Südosteuropa betrieben wurde, verbleibt in Hachmeisters Film im Schummerlicht der Fairness. Und kein Wort davon, dass die Reichsgruppe der Industrie 1941 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass in Fragen der "Entjudung" im "Protektorat" der Dr. Adolf vom Centralverband zuständig sei, dem Schleyer als rechte Hand zuarbeitete.

Immerhin bringt der Film einen wichtigen Hinweis: Schleyers Vorgänger im Centralverband Friedrich Kuhn-Weiss plaudert ganz nebenbei aus, wie die Familie Schleyer zu ihrer Prager Villa kam: "Es waren viele Villen frei, bedingt durch die Verhältnisse, dass die Besitzer nicht mehr da waren." Sagt er, grinst verlegen und präzisiert: "Die Vorbesitzer." Vorbesitzerin Marie Waignerová wurde nach Auschwitz deportiert und umgebracht. Frau Schleyer dagegen, Tochter des SA-Gruppenführers Ketterer, erinnert sich kaum: "Das wurde uns dann angeboten. Ich weiß auch nicht mehr, wie das richtig vor sich gegangen ist. Wir haben dann plötzlich drinnen gewohnt."

Schleyer-Vorgänger Kuhn-Weiss taucht im Film noch in einer anderen Rolle auf und wird zum indirekten Kronzeugen gegen den verstorbenen Schriftsteller Bernt Engelmann. Der hatte eine Fülle von Indizien vorgelegt, dass Schleyer der letzte SS-Kampfkommandant von Prag gewesen sei und bei einem Massaker am 6. Mai 1945 insgesamt 41 unbewaffnete ältere Männer, Kinder unter drei Jahren und Frauen, darunter zwei Hochschwangere, umgebracht habe. Aufgrund der Aussage von Kuhn-Weiss, er habe Schleyer am 5. Mai aus der Stadt gebracht, setzt Hachmeister diesen Tag für die gefährliche Flucht aus Prag fest, womit Schleyer das Massaker vom 6. Mai nicht befehligt haben könnte.

Über Datum und Umstände von Schleyers Flucht aus Prag gibt es mehrere widersprüchliche Darstellungen. Eine 1987 erschienene biographische Darstellung von Fritz Lüttgens (Hanns Martin Schleyer - eine Verkörperung der sozialen Marktwirtschaft), behauptet, dass Schleyer "am 5. Mai 1945, wenige Stunden nach Gelingen des tschechischen Aufstandes, sein Amt noch in Ruhe einem tschechischen Kollegen übergeben und das Protektorat ungehindert verlassen" konnte. Hachmeister verrät nicht, ob er wenigstens die einfachsten Schritte unternommen hat, um Engelmanns Hinweise entweder zu bestätigen oder zu entkräften. Gab es in der Usboská-Straße 253 ein Schulgebäude, in dem die SS am 6. Mai ein Massaker an Zivilisten veranstaltete? Heißt die Usboská heute wirklich Straße des 6. Mai? Steht dort ein Denkmal für 41 von der SS ermordete Menschen?

Engelmann hat Fotos abgedruckt, die natürlich auch von einem ganz anderen Massaker stammen können. Wenn das überprüft ist - Hachmeister äußert sich dazu nicht - lässt sich die Frage stellen, wer der SS-Kampfkommandant war. Zeugen haben ihn so beschrieben, dass kaum ein anderer in Frage kommt als Schleyer. Hat Hachmeister versucht, diese Zeugen ausfindig zu machen? Oder sind sie nicht aufzufinden? Darüber gibt Hachmeister keine Auskunft. Was eigentlich hat er recherchiert? Im Film zeigt er fast nur die Erzählungen von eng mit Schleyer verbundenen sogenannten Zeitzeugen. Engelmann hat seine Vorwürfe im dokumentarischen Anhang zu seinem Schlüsselroman Großes Bundesverdienstkreuz 1987 und noch einmal 1992 veröffentlicht, ohne dass die zuvor befragten Angehörigen Schleyers juristisch irgend etwas unternahmen.

"Sie wissen, wer das Buch maßgeblich geschrieben hat: die Stasi." Das sagt Kurt Biedenkopf im Film. Und mit diesem Stasi-Vorwurf verteidigt sich Hachmeister auch gegen die Welt: "Kurt Biedenkopf sagt das auch in dem Film, und ich sage es im Kommentar. Engelmanns Mutmaßungen, Schleyer sei ?der letzte Kampfkommandant von Prag? gewesen oder ähnliche Konstruktionen kommen in dem Film doch gar nicht vor."

Kurt Biedenkopf wird, warum ist nicht erläutert, im Film als "politischer Weggefährte" Schleyers bezeichnet. Er gehörte dem, nur in einem Nebensatz erwähnten, höchst einflussreichen Nachkriegs-Kreis um den Pegulan-Fabrikanten Fritz Ries an, der durch umfangreiche Arisierungen im Osten groß geworden war. In diesem Kreis verkehrten Franz-Josef Strauß, Helmut Kohl, der spätere Ries-Schwiegersohn Kurt Biedenkopf und eben auch Schleyer. Zeitzeuge Biedenkopf über Schleyers Prager Vergangenheit: "Ich habe mit ihm nie darüber sehr vertieft gesprochen. Er hat auch keinen Anlass dazu gegeben. In Bezug auf diese Menschen, die in Wirrungen und Verirrungen und nachher auch in Selbstfindungen einen Weg gefunden haben, war ich sehr zurückhaltend, mich mit Fragen aufzudrängen."

Und Hachmeister fragt wieder nicht nach. Ob etwa die Rekrutierung von Zwangsarbeitern über Schleyers Schreibtisch gelaufen ist, interessiert ihn nicht so sehr. Das wäre ihm zu sehr "politisch korrekt" erschienen, versicherte er in der Hamburger Pressekonferenz zum Film, als einer ihn fragte, warum er nicht einen der Zwangsarbeiter aus den von Schleyer beherrschten Betrieben ausfindig gemacht habe. Für den Film hatte er genügend Zeit, ausreichende Mittel und drei Rechercheure zur Verfügung. Es ist zu hoffen, dass von dem gesammelten Material noch möglichst viel bekannt wird, wenn die von Hachmeister angekündigte Biographie in Buchform vorliegt. Ob er dann auch die Dokumente präsentieren kann, die den vollmundig gegen Engelmann vorgebrachten Stasi-Verdacht belegen?

 

 

Quelle: Freitag 36  Nr. 7 (www.freitag.de/2003/36/03360502 php - 14k)