Schleswig-Holsteinische Pressefreiheit
Verfassungsschutz bespitzelt Friedensbewegung ... ... und Journalisten.
"Der Journalist",
Heft 2/87, bewies exemplarisch, wie die schleswig‑holsteinische Polizei
und Innenminister Claussen mit der Presse des Landes umsprangen. Am 18. Oktober
1986 hatte Wolf Rüdiger Röper, Chef der Polizeidirektion Kiel, in seiner
Dienststelle eine Pressekonferenz zu Brokdorf gegeben und dazu die Anweisung
erteilt, die ganze Veranstaltung auf Video‑Kamera aufzuzeichnen. Ocke H. H.
Peters berichtete in der Zeitschrift: "Einem Journalisten, der sich durch
den uniformierten Kameramann belästigt und in seiner Arbeit beeinträchtigt fühlte,
bedeutete Röper kurz angebunden, daß die Pressekonferenz in den Räumen der
Polizei stattfinde und daß er dort als Hausherr zu solchem Tun berechtigt sei."
Zwölf Tage später befaßte sich die Landespressekonferenz Kiel mit dem Vorfall.
Ihre turnusmäßige Mitgliederversammlung mißbilligte das Verhalten Röpers
einstimmig und forderte den Minister auf, "sämtliche Bild‑ und
Tonaufnahmen dieser Pressekonferenz" zu vernichten. Sie äußerte außerdem
die Erwartung, "daß sich solche Vorgänge nicht wiederholen". Claussen
sagte in einem Brief die Vernichtung des Materials zu. Aber Röper dachte
anders: "Das Recht am eigenen Bild wolle er dem Journalisten eben noch zubilligen,
sagte er, wenngleich dieses Recht erst bei einer Veröffentlichung des Filmes
greife. Eine Abdeckung der Gesichter könne er sich also vorstellen. Das
gesprochene Wort aber werde auf jeden Fall erhalten bleiben, denn an ihm gebe
es kein Recht. Und damit die Betrachter des Films auch wissen, wer das spreche,
sollten die Namen jeweils eingeblendet werden."
Karl‑Eduard Claussen
bestätigte der Landespressekonferenz am 4. Dezember, sämtliche Bild‑ und
Tonaufnahmen von der Pressekonferenz seien vernichtet worden. Diese
ministerielle Bestätigung hatte mit der Wahrheit aber nichts zu tun, denn fünf
Tage nach Eingang seines Schreibens zeigte Polizeichef Röper diesen
Filmstreifen in seiner Dienststelle. Beamte und Journalisten waren sauber zu
erkennen.
Die Affäre endete mit einer
erneuten Versicherung Claussens, es werde ab sofort darauf verzichtet,
Pressekonferenzen und andere Begegnungen mit Journalisten auf Bild‑ und
Tonträger aufzunehmen.
Schon Stoltenberg bedrohte Journalisten
Stoltenbergs wilde Beschimpfungen
der Medien, die es wagten, die CDU‑Barschel‑Affäre ans Tageslicht
zu bringen, haben eine lange Vorgeschichte. Der Noch‑immer‑CDU‑Landesvorsitzende
sprang schon immer so mit Journalisten um, die er als "linke
Kampfpresse" zu bezeichnen pflegte. So schrieb die "Frankfurter
Rundschau" schon am 15. Januar1973: "In der Medienpolitik, die
Stoltenberg persönlich arg in den Griff genommen hat, steht es inzwischen nicht
zum besten. Eine gleiche Politik in Bonn oder anderen Bundesländern ‑
ausgenommen Bayern ‑ hätte schon einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. In
Schleswig‑Holstein geht es zwar gedämpfter vor sich, aber um so subtiler.
Da wird Chefredakteuren empfohlen, mißliebige Redakteure abzulösen. Da werden
Briefe immer aufs Neue an die Funk‑ und Fernsehanstalten geschrieben und
auch kleinste Dinge moniert. Jede Zeitungszeile wird nachgelesen, meist vom
Regierungschef persönlich. Die Beamten der Pressestelle werden veranlaßt,
telefonisch zu intervenieren oder auf dem blanken Parkett von Empfängen Meinung
für oder gegen diesen und jenen Journalisten zu machen. Die große Linie ist
offenbar: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Dahinter steckt
der direkte Wunsch, den Dr. Gerhard Stoltenberg den großen Landesvater und
Bundespolitiker, mehr ins Bild zu setzen und in die Schlagzeilen
einzurücken." Stoltenberg schaffte es sogar, den Leiter des Kieler Büros
der Deutschen Presse-Agentur, Karl Ernst Jipp, aus seinem Amt entfernen zu
lassen.
Quelle: "Schwarzbuch CDU-Politik in Schleswig-Holstein",
DKP-Bezirksvorstand Schleswig-Holstein (Hg.)