Rechtloser Rechtsstaat
Warum es so schwer ist, im vermeintlichen Rechtsstaat
Recht zu bekommen
Als Kanzleramtsminister Thomas
de Maizère noch Justizminister auf Länderebene war, kritisierte er in einem
Vortrag vor der Leipziger Juristischen Gesellschaft die deutsche Tendenz zur
"Verrechtlichung der Wirklichkeit" für jeden nur denkbaren
Einzelfall:
"Was soll man
beispielsweise davon halten, wenn § 1631 BGB seelische Verletzungen eines Kindes,
die durch die elterliche Erziehung bewirkt werden, für unzulässig erklärt? Man
kann nur vermuten, dass in einem nächsten Schritt geregelt werden wird, dass
Eltern ihre Kinder zu lieben haben. Ergänzend käme eine Geschwistergleichbehandlungsverordnung
oder ähnliches in Betracht. Auf dem Weg zur staatlichen 'Lufthoheit über die
Kinderbetten', wie sie tatsächlich von Politikern der Regierungskoalition
gefordert wird, käme man so sicher ein Stück weiter..."
Der Ohrfeigen‑Paragraf
Wie recht er hatte. Dem guten
alten bürgerlichen Gesetzbuch BGB wurde nach 100 Jahren durch solcherart
"Reformen" wahrlich kein Zukunftsdienst erwiesen. Zehnjährige Kinder
kamen zwar freudestrahlend aus der Grundschule mit der Botschaft zu den Eltern:
"Wenn Du mich ohrfeigst, kann ich Dich verklagen!" Doch vom § 1618a
BGB, der Eltern und Kindern gegenseitigen Beistand und Rücksicht abfordert,
haben sie in der Schule bis heute nichts gehört.
Brigitte Zypries war schon 2003
Bundesjustizministerin. Sie konnte den Vortrag ihres Kollegen in Leipzig aus
Zeitgründen nicht verfolgen. Sie wird auch später mit dem Kollegen nicht über
das Thema gesprochen haben. Sonst hätte das Antidiskriminierungsgesetz nicht
unter dem neuen Namen Gleichstellungsgesetz den Bundestag passiert. Ohne Not
vervielfacht Deutschland erneut freiwillig die europäische Bürokratie.
Zypries steht für eine
Gesetzgebung, die die Wirklichkeit verrechtlichen will und damit mehr Probleme schafft
als löst. Vor allem im Arbeitsrecht und in weiten Teilen des Zivilrechts
verschlingen jährlich Abertausende Prozesse Hunderte Millionen Steuergelder,
obwohl die ursprünglichen Streitfragen mit ein bisschen gutem Willen im
Gespräch lösbar gewesen wären. Doch daran haben weder die Zypries‑Fraktion
noch die Anwälte im Land ein Interesse. Zu den Folgen dieser Fehlentwicklung
gehört zunehmende Rechtsunsicherheit. Bei der überlasteten Justiz hat derjenige
kaum eine Chance, der juristischen Fehlern zum Opfer fällt.
Beweisunterdrückung, Verweigerung rechtlichen Gehörs, Amtsanmaßung,
Rechtsbeugung und widerrechtliche politische Einflussnahme haben seit Jahren
Hochkonjunktur. "Glauben Sie doch nicht, wir lebten in einem
Rechtsstaat!", sagte uns ein führender Strafverteidiger, der im Gegensatz
zu Staranwälten wie Rolf Bossi anonym bleiben will.
Erst verfolgt, dann enteignet
Im Mittelalter machte man
nicht viel Federlesens. Gläubiger, Zöllner und Steuereintreiber übertrieben
ihre Vollstreckungen derart, dass der aufgeklärte junge König Friedrich II.,
der Große, 1740 per Gesetz die Folter abschaffte und die Religionsfreiheit
einführte.
Vor Übertreibungen nahezu jeglicher
Art ist man allerdings auch heute nicht sicher, wie der Fall der anerkannten
Verfolgten des DDR-Regimes Claudia May aus Erfurt zeigt. Höchstrichterliche
Urteile (u. a. BGH ‑ IV ZR 277/00 ‑) bestätigten sie als
berechtigte Eigentümerin eines Grundstücks, an dem allerdings stärkere ‑
und spekulativere ‑Kräfte Interesse hatten. Die Erben May wurden in
Prozesse verwickelt und 2003 zwangsevakuiert, nachdem Kriminelle tragende Wände
herausbrachen und anschließend gegenüber der Thüringer Staatsanwaltschaft die
Straftatbestände der akuten Lebensgefahr, Bau‑ und Personengefährdung
(180 Js 22533/03) anzeigten. Das Verwaltungsgericht Weimar (1 K 1/04.We und 1 E
3242/04. We) erklärte die Zwangsräumung zwar für widerrechtlich. Doch bis heute
verfolgt die Thüringer Staatsanwaltschaft nicht die beteiligten
Immobilienspekulanten, sondern die Geschädigten aufgrund konstruierter
Strafanträge der Schädiger.
Gelingt die straf‑ und
zivilrechtliche Kaltstellung in solchen Fällen nicht, findet sich notfalls ein psychiatrisches
Gutachten, auf dessen Grundlage Unzurechnungsfähigkeit und Entmündigung
entschieden werden kann. Denn wer lange genug vergeblich sein Recht erkämpfen
will, produziert ungewollt alle nötigen Fakten zur Attestierung extremer
querulatorischer Tendenzen.
Mit bAV in die Insolvenz
FDP‑Chef Guido
Westerwelle forcierte vor ein paar Jahren den Begriff der "Gutmenschen",
die unter dem Schlachtruf der sozialen Gerechtigkeit immer alles besser machen
wollen, letztlich aber für nichts wirklich Verantwortung übernehmen und deren
halbgare Politikentwürfe das regierte Volk am Ende mehr belasten als zuvor.
Beim Gleichstellungsgesetz
wird sich wiederholen, was beim europäischen Haftbefehl und bei mehreren "Jahrhundert"‑Rentenreformen
passierte: Die wirklichen Probleme bleiben ungelöst, und neue werden zusätzlich
geschaffen. Riester, Rürup und Co. haben nicht annähernd dafür gesorgt, dass
sich die Situation bessert. "Die Renaissance der betrieblichen Altersversorgung
(bAV) war letztlich eine 'ungewollte Schwangerschaft' der Riester‑Rente",
schreiben Ralph C. Kiening und Johannes Fiala.
Als Folge der Rentenreform
2001/2002 erlebte die bAV einen ungeahnten Aufschwung. Komplexität des Themas,
finanzielle Situation des Durchschnittsbürgers, komplizierte Kommunikation des Gesetzgebers
und kaum zu bewältigende "Portabilitätsverpflichtungen" des
Arbeitgebers standen der Durchsetzung im Weg. Doch die Versicherer kürten jeden
Außendienstler zum bAV‑Spezialisten. Das Chaos war vorprogrammiert.
Maximale Unsicherheit
So ist die (übliche)
Verwendung "gezillmerter" (Die
Zillmerung ist eine Deckungskapital-Berechnungsformel der traditionellen
Versicherungs-mathematik) Tarife bei der Entgeltumwandlung ein Verstoß
gegen die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht, der haftungsrechtliche Ansprüche
auslöst. Wechselt der Arbeitnehmer vor Erreichen des Deckungskapitals zu einer
anderen Firma, haftet der Arbeitgeber für das Geld, das ‑ wie bei
Lebensversicherungen üblich ‑ zuerst als Provisions‑ und
Kostenanteil der Versicherer verbraucht wurde.
Der Arbeitgeber muss das
Kapital nochmals auffüllen, das bei den Versicherungen "gezillmert"
wurde. Das ist einklagbar und vollstreckbar. So schaffen gesetzgeberische
Maßnahmen zur Maximierung von Sicherheit maximale Unsicherheit. Die Arbeitgeber
erfahren all das im Beratungsgespräch beim Versicherungsvertreter meist ebenso
wenig wie die Notwendigkeit eines schriftlichen Nachtrags zum Arbeitsvertrag.
Fiala plädiert daher für die
Einrichtung einer eigenen Betriebsrentenkasse nach dem Vorbild der Industrie.
Die lässt sich die Verwaltung der Anlagen ihrer Mitarbeiter nicht aus der Hand
nehmen, sondern nutzt klug kalkulierte Rahmenverträge und Gruppentarife. Der
Kunde selbst wird zum Vermittler, bestimmt über die Gestaltung seiner bAV und
verdient damit noch Geld. Weniger zwar als der Versicherungsvertreter, da
vernünftig kalkulierte Verträge weniger Provisionen beinhalten, genug jedoch,
um die Kosten für Einrichtung und Verwaltung seiner
"Betriebsrentenkasse" zu decken. Aber das ist doch zu einfach, oder?
APO GESCHEITERT
+ Trotz prominenter Zugpferde
wie Roman Herzog, Richard von Weizsäcker, Hans Tietmeyer, Meinhard Miegel oder
Wolfgang Clement und über 20 Mio. Euro jährlichen Budgets blieb den
Reforminitiativen der letzten Jahre medialer und politischer Erfolg verwehrt.
+ Die stärksten Bewegungen:
-
Aufbruch jetzt!
-
BürgerKonvent
-
Initiative D21
-
Klarheit in der Politik
-
Konvent für Deutschland
-
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
-
Perspektive Deutschland
-
Team‑Arbeit für Deutschland
+ Trotz millionenfacher Klicks
von Bürgern auf die jeweiligen Websites muss bilanziert werden: Außer Spesen
nichts gewesen!
Quelle: "Zahlt, Lumpen, oder hängt!" von Meinhard Miegel in
P.T. Magazin Juni / Juli / August 2006 - S. 24 f