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1977      Das hatte Folgen. Aber was hatte nicht Folgen? Terror, der sich seinen Gegenterror erfand. Und Fragen, die ohne Deckel blieben. So weiß ich bis heute nicht, wie zwei Revolver mit Munition, mit denen sich Baader und Raspe in Stammheim erschossen haben sollen, in den Sicherheitstrakt gekommen sind und wie sich Gudrun Ensslin mit einem Lautsprecherkabel erhängt haben kann.

 

Günter Grass: "Mein Jahrhundert", Steidl Verlag, Göttingen 1999, 8.Auflage Januar 2000, S. 286

 

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Erklärung der Internationalen Untersuchungskommission zum Tode Ulrike Meinhofs (Auszug):

 

-         Ulrike Meinhof war mehrere Male und über lange Zeiträume Haftbedingungen unterworfen, die man gezwungen ist, als Folter zu bezeichnen. Es handelt sich um jene Art von Folter, die man soziale Isolation und sensorische Deprivation nennt. Ihr werden in der BRD üblicherweise zahlreiche politische und auch andere Strafgefangene unterworfen.

-         Die Behauptung der staatlichen Behörden, Ulrike Meinhof habe sich durch Erhängen selbst getötet, ist nicht bewiesen, und die Ergebnisse der Kommission legen den Schluß nahe, daß sich Ulrike Meinhof nicht selber erhängen konnte.

-         Die Ergebnisse der Untersuchungen legen vielmehr den Schluß nahe, daß Ulrike Meinhof tot war, als man sie aufhängte, und daß es beunruhigende Indizien gibt, die auf das Eingreifen eines Dritten im Zusammenhang mit diesem Tode hinweisen.

Die Kommission kann keine sichere Aussage über die Todesumstände von Ulrike Meinhof machen. Trotzdem ist jeder Verdacht gerechtfertigt angesichts der Tatsache, daß die Geheimdienste - neben dem Gefängnispersonal - Zugang hatten zu den Zellen des 7. Stocks, und zwar durch einen getrennten und geheimen Eingang. ...

 

Paris, den 15. Dezember 1978

 

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Zur Vertiefung dieses ungeheuerlichen Kapitels bundesdeutscher Nachkriegsgeschichte wird insbesondere auf die Bücher von Stefan Aust und Andreas von Bülow ("Im Namen des Staates") hingewiesen (z.B. S. 452ff).

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"Auch das politische Recht steht dem in keiner Weise nach. Als 1977 die RAF‑Terroristen Baader, Meinhof, Ensslin, Raspe unter seltsamen Umständen angeblich Selbstmord machten, war das Ausland mißtrauisch. Mit einem teuren Propagandafeldzug versuchte die Bundesrepublik nachzuweisen, dass sie ein Rechtsstaat ist. Doch das Ausland blieb mißtrauisch. Mit Recht schrieb der "Spiegel" (14.10.02, S.66‑70). Denn der ehemalige SS‑Mann Hans Joachim Mallach, der die Obduktion (Leichenöffnung und Untersuchung) vornahm, soll gegenüber seinen Söhnen geäußert haben, "dass er getrickst hätte, um aus drei Morden drei Selbstmorde zu machen". Doch es bestehen keine Beweise. Doch seltsamerweise bekam das ehemalige Mitglied der Waffen‑SS der Leibstandarte Adolf Hitler, der keinen Hehl daraus machte, "dass diese Demokratie Scheiße ist" 1989 "für seine Verdienste" das Bundesverdienstkreuz."

 

Quelle: "Unmensch Mensch - Die Philosophie des Seins und des Bösen" von Holger Strohm, 11. Auflage, Mai 2003, Verlag "Wider die Zensur", Immenstelle 10, 23879 Mölln, Tel: 0 45 42 - 43 00, Fax: 0 45 42 - 73 00

 

 

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