Meinungsfreiheit?

Meinungsfreiheit ist eines der wichtigsten "Menschenrechte" und als solches im deutschen Grundgesetz, unserer Verfassung, verankert. Das Bundesverfassungsgericht hat sogar mehrfach entschieden, daß die Meinungsfreiheit für ein demokratisches Gemeinwesen schlechthin konstituierend ist. So steht es in den Schulbüchern. Doch während der papierne "Anker" in der Tat noch vorhanden ist, hat sich das Ankertau mittlerweile durchgescheuert, ist die Meinungsfreiheit auf Reisen gegangen und hat dabei die bundesdeutschen Grenzen längst hinter sich gelassen.

Nicht weniger als 10.257 "Meinungsdelikte", die es laut Grundgesetz definitionsmäßig gar nicht geben dürfte, verzeichnet die Statistik des Bundeskriminalamtes allein für das Jahr 1997. Dabei handelte es sich in 7.888 Fällen um – so die hochoffizielle Formulierung – das "Verbreiten von Propagandamitteln (???) und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen", in 2.369 Fällen um "andere Straftaten, insbesondere Volksverhetzung".

Im Jahre 1998 dürfte sich die Zahl derartiger "Verbrechen" nochmals beträchtlich erhöht haben. Einer, der im letzten Herbst zum sechsten oder siebenten Mal nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe wegen "Volksverhetzung" verurteilt wurde, ist der 70jährige Münsteraner Agraringenieur und Journalist Erhard Kemper. Sein zum soundsovielten Mal abgestraftes Delikt war und ist immer wieder dasselbe: Kemper glaubt allen Ernstes, sich den Luxus einer eigenen Meinung über Hergang und Umfang des Holocaust leisten und diese Meinung auch noch öffentlich verbreiten zu dürfen.

Zur Überraschung der Justiz entschloß sich Kemper übrigens diesmal, die "Strafe" nicht mehr anzutreten, sondern sich ihr durch die Flucht zu entziehen. Von "unterwegs" ließ er dann unter dem Datum des 20. November 1998 dem Münsteraner Oberstaatsanwalt Schrade schriftlich seine (bisher offenbar noch nie erfüllten) Bedingungen dafür zukommen, sich einem wirklich rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren zu stellen. Die Justiz sollte

Erwartungsgemäß ist die Justiz bisher nicht auf diese für einen Rechtsstaat eigentlich selbstverständlichen Bedingungen eingegangen. Dafür bekam Kemper Anfang Dezember Post von der Europäischen Menschenrechtskommission. Sie enthielt den Bescheid, sein im Frühjahr eingereichter und angenommener Antrag auf Durchsetzung seines Menschenrechts auf Meinungsfreiheit sei negativ beschieden worden. Und zwar endgültig... Natürlich nur aus "formalen" Gründen, das war klar, im 50. Jahr der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" ...

Quelle: "Pro fide catholica" Januar 1999

Anmerkung: Die von Kemper geforderten Bedingungen für die Durchführung eines fairen Strafprozesses sind teilweise selbstverständlich, bzw. sollten es jedenfalls sein. Zum anderen Teil sind sie jedoch ohne gesetzliche Grundlage für ein Strafgericht. Selbst wenn "freies Geleit" von staatlicher Seite zugesichert werden sollte, würde ich mich in Deutschland nicht darauf verlassen. Jedenfalls hat der Reformator (Ketzer war er nicht, denn die saßen schon damals im Vatikan) Jan Hus damit anläßlich des Konzils von Basel ganz schlechte Erfahrungen gemacht. Ein deutscher Kaiser brach – besabbelt von Pfaffen – sein Wort. Welche Schande!