Krimineller Akt
Die Bundesregierung hat
gesetzwidrig gehandelt. Das bestätigt nun auch ein Vergleich vor dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte;
sonst hätte sie ihn nicht geschlossen. Festgestellt hatte die Gesetzeswidrigkeit zuvor schon das Bundesverwaltungsgericht.
Es ging in dem Verfahren um die
Wiedergutmachung einer Enteignung in der einstigen DDR. Eine Regelung im
Vermögensgesetz sah vor, den Opfern
ein gleichwertiges Ersatzgrundstück zu geben, wenn ihre einst
enteigneten Grundstücke nicht mehr verfügbar waren.
Von solchen Fällen gibt es rund 100.000. Aus
fiskalischen Gründen
wollte sich die Bundesregierung der Pflicht zur Ersatzrückgabe entziehen und bereitete die Streichung jener
Regelung vor. Aber bis das geschehen
war, wies das Finanzministerium die Vermögensämter bereits an, Anträge auf Ersatzgrundstücke
abzulehnen oder die Bearbeitung hinauszuzögern. Teils machten die Ämter
den Enteigneten dabei weis, es gebe solche
Grundstücke nicht. Als der Anwalt eines Opfers das als falsch nachwies und auf
der Ersatzrückgabe bestand, war die ursprüngliche Vorschrift bereits
gestrichen, und die Ämter verweigerten die Rückgabe nun aus diesem Grund.
Der bewußte Verstoß gegen ein Gesetz ist gemeinhin ein krimineller Akt.
Und das Streichen jener Vorschrift? Ein gesetzeswidriger Akt ist es
nicht, wohl aber ein rechtswidriger. Es verweigert die Wiederherstellung eines Rechts, die
möglich und geboten ist. So bleibt dieses Unrecht ein offenes Kapitel.
Quelle:
Klaus Peter Krause in JUNGE FREIHEIT vom 1. Juni 2007 („Streichungsopfer“)