Gerhard Glogowski

 

Binnen weniger als einer Woche drangen immer neue Vorwürfe gegen den niedersächsischen Ministerpräsident Gerhard Glogowski (SPD) an die Öffentlichkeit. Die Vorwürfe im Einzelnen:

 

1) Sponsoring der Hochzeitsfeier: Für die Hochzeitsfeier von Gerhard Glogowski und seiner Frau Marianne im Mai lieferten die Brauereien Wolters und Feldschlösschen das Bier und die Firma Heimbs spendierte den Kaffee.

 

2) Verspätete Bezahlung der Hochzeitsreise: Über den Vorstand der TUI buchte Glogowski Anfang April eine Hochzeitsreise in den Robinson­-Club von Hurghada in Ägypten. Die Rechnung für den Flug in Höhe von 1654 Mark bezahlte Glogowski erst nach einigen Wochen, nachdem bei ihm ein Kabinettsmitglied nachfragte.

 

3) Der Aida‑Trip: In Widersprüche verstrickte sich Glogowskis Regierungssprecher Jürgen Koerth zur Abrechnung eines Besuchs auf Einladung des ägyptischen Tourismusministers vom 11. bis 13. Oktober in Kairo. Höhepunkt war ein Besuch der Oper "Aida" an den Pyramiden. Den Flug hatte die TUI bezahlt und nicht in Rechnung gestellt. Koerth beteuerte, man habe wiederholt Rechnungen angemahnt. Als TUI und deren Mutterkonzern Preussag entschieden dementierten, gab Glogowski die falschen Darstellungen zu. Die Flugkosten werden jetzt bezahlt.

 

4) Die Polenreise: Auch bei einer offiziellen Polenreise mit Unternehmern am 19. Juli, die zunächst von der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) finanziert wurde, forderte die Staatskanzlei erst sehr viel später am 1. November eine Rechnung an.

 

5) Der Wiener Opernbesuch: Bei der Abrechnung eines Opernbesuches in Wien gab es offenbar ebenfalls Unregelmäßigkeiten. Die Karten für Glogowski und Ehefrau und vier weitere Gäste hatte die Salzgitter AG besorgt. Die Teilrechnung an die Staatskanzlei vom 29. Oktober sollte Anfang dieser Woche nachträglich korrigiert werden. Das Reisebüro lehnte dies ab.

 

6) VW-­Aufsichtsrats‑Tantiemen: Glogowski hat angeblich bisher von seinen VW-Aufsichtsratsbezügen für 1999 in Höhe von rund 97.500 Mark noch nichts an die Landeskasse abgeführt, obwohl er sie bereits im Juni erhalten hat. Jährlich stehen einem Mitglied der Landesregierung nur 10.800 Mark an Geldern aus Aufsichtsräten zu, wenn es Mandate im Auftrag des Landes wahrnimmt.

 

7) Kostenlose Nutzung einer Dienstwohnung: Seit März nutzen Glogowski und seine Frau eine Dienstwohnung im Gästehaus der Landesregierung in Hannover nach Abendterminen, ohne dafür zu zahlen. Die Miete von 850 Mark wird seit November gezahlt. Für die Zeit von April bis Ende Oktober will Glogowski jetzt nachzahlen.

 

8) Räumungsklage: Glogowski hat versucht, eine allein erziehende Mutter und ihr behindertes Kind aus seiner Potsdamer Wohnung heraus zu klagen. Der Grund waren Mietrückstände. Die Klage hat Glogowski inzwischen zurückgezogen.

 

9) Nachlass für Privatwohnung: Seine Eigentumswohnung im Braunschweiger SPD‑Haus soll Glogowski zu einem günstigen Preis bekommen haben. Dies wurde gestern zurückgewiesen.

 

10) "Edelsause" und Braunschweiger Klüngel: Glogowski hat nach dem Amtsantritt als Ministerpräsident seine vielen Ämter in der Braunschweiger Region beibehalten. Die Bezüge aus dem Stadtratsmandat und den Aufsichtsratsposten bei den Stadtwerken, der beiden Stadtwerke-­Töchter Versorgungs‑ und Verkehrs AG und der Braunschweigischen Kohlenbergwerken kann er vollständig behalten. Als Aufsichtsratschef der Stadtwerke wurde Glogowski auch für eine aufwendige "Edelsause" zum Abschied des bisherigen Stadtwerke­Chefs mit verantwortlich gemacht.

 

Quelle: Lübecker Nachrichten vom 27.11.1999

 

Anmerkung: Gerhard Glogowski hat sich damit nicht etwa als Ausnahmeerscheinung erwiesen, sondern als bundesrepublikanischer Spitzenpolitiker mit Standardformat. Unrühmlich in Erinnerung wird er dem deutschen Volk auch noch durch einen Auspruch bleiben, der seine vulgäre Proletenhaftigkeit signifikant widerspiegelt: "Gegen andere Parteien braucht man die Justiz nicht - das dauert zehn Jahre. So etwas hieße, Scheiße nach Gestank zu sortieren." Selbst Hitlers Gauleiter hätten sich öffentlich nicht so im Ton vergriffen. Zeigt aber, wie Glogowski die Landschaft der etablierten bundesrepublikanischen Parteien einschätzt. Armes Deutschland, Du hast bessere Politiker verdient.