Mullah Muhammad Selim liefert ein freimütiges Eingeständnis dessen, was vielen der in Deutschland tätigen muslimischen Vereine als Ideal erscheint:

 

»Nachdem der kalte Krieg vorbei war, die beiden deutschen Staaten vereinigt wurden, schien es, als ob es nur noch einen Lebensstil (way of life) geben könn­te. Es entstand in den Köpfen der Eindruck, als ob endgültig und für alle Zeiten die westliche Lebensart über ganz Europa und den Rest der Welt triumphieren würde. Jedermann war zufrieden mit sich und seiner Zukunft. Ich war davon nicht überzeugt, denn der Abfall vom Glauben, gleich ob von dieser oder jener Religion, und Hinwendung zum Unglauben bedeutet einen kulturellen Rück­schritt. Die Religion ist der Kitt der Gesellschaft. Sie auferlegt den Gläubigen manche Beschränkungen und Pflichten, aber dadurch dient sie auch ihm selbst und seiner Zukunft. Gerade das haben die Deutschen (und auch andere Europäer) vergessen oder verdrängt. Das möchte ich am Beispiel der Kinderzahl klar machen. Heute haben 100 Erwachsene gerade noch 65 Kinder und 42 Enkel. Das bedeutet, dass jeder Dritte in der nächsten Generation keine Nachkommen mehr haben wird. Sogar jeder Zweite wird in der übernächsten Generation kinderlos sterben. Die Deutschen haben, um es ganz krass auszudrücken, keinen Zukunftshorizont mehr. Für wen sollten sie ein Haus bauen oder für wen sollten sie ein Unternehmen schaffen? Das verliert in einer kinderarmen Gesellschaft an Bedeu­tung. Ein anderes Faktum ist die Alterstruktur der deutschen Gesellschaft: Annä­hernd die Hälfte der Erwachsenen haben das 60. Lebensjahr überschritten und ein Achtel sogar das 80. Lebensjahr!

Auch die Abwendung vom Christentum ist ein gutes Indiz für den zu erwar­tenden Umschwung in der Religion. Am Beispiel des kirchlichen Lebens im katholischen Erzbistum Köln kann ich das zeigen. So ging die Zahl der Gottes­dienstbesucher im Jahr 2001 im Vergleich zu 2000 zurück (auf 303.386 von 311.746). Rückläufig war auch die Anzahl der christlichen Taufen (von 18.533 auf 18.130), der christlichen Trauungen (von 5.213 auf 4.424) und der Kommunion­kinder (von 24.650 auf 23.617). Am Sakrament der Firmung nahmen nur noch 46 Prozent von ihnen teil. Die Kirchenaustritte bewegten sich auf dem Niveau 15.398 (Jahr 2000) bzw. 12.765 (Jahr 2001). Die Christen kehren also ihrer Reli­gion den Rücken ...

Nach einer Umfrage des evangelischen Magazins >Chrismon< ist die Mehrheit der Deutschen nur noch wenig bibelfest. Ein Beispiel: >Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst< ordneten 89 Prozent den Zehn Geboten zu. Das ist aber ganz falsch. Richtig ist: Dieses Gebot steht in der Indjil (Evangelium) nach Mar­kus 12, 31. Ein solches Ergebnis zeigt, wie sehr das Christentum in Europa im Schwinden begriffen ist. Es gibt keinerlei Anzeichen oder durchgreifende Maß­nahmen (bis auf ein paar Plakataktionen), dass dieser Trend umgekehrt wird.

Meine Schlussfolgerungen aus den obigen Fakten sind:

1. Der Abfall von Gott, dem Barmherzigen und Gnädigen, und Ablehnung jeg­licher Religiosität hat sich nicht ausgezahlt.

2. Der extensive Konsum, das Habenwollen und die Begrenzung des geistigen Horizonts auf die Gegenwart hat eine Leere (keine Nachkommenschaft) hinterlassen.

3. Der Umbruch der deutschen Gesellschaft ist unausweichlich und unaufhalt­sam.

4. Die Muslime, die den Wert der Familie hoch gehalten haben, werden noch die Retter in der Not sein, denn sie werden in absehbarer Zeit die alten, kinderlo­sen Deutschen ernähren.

5. Deutschland wird ein islamisches Fand.

 

Der Islam in Europa wird ein anderer sein als in Arabien oder der Türkei. Die Scharia ist ein Regelwerk von Gesetzen, das vor vielen Jahrhunderten erstellt wurde (es gibt sogar vier verschiedene Rechtsschulen). In Europa muss sie umge­staltet werden in der Art und Weise, dass sie eine neue Hochkultur ermöglicht. Meine These ist: Die Deutschen sind ein Volk, das schon immer führend in der Philosophie und Religion war ...

Momentan befinden sie sich in Stagnation und Verwirrung. Man kann deutlich beobachten, wie sehr die politische Ordnung unterhöhlt ist. Die Stammwähler der großen >Volksparteien< sind auf 10 Prozent geschrumpft. Es gibt die unpas­sendsten Koalitionen. Die >christlichen< Parteien sind kriegsbegeistert. Die athe­istischen Sozialisten in der PDS hingegen sind radikal pazifistisch. Die ehemals pazifistischen Grünen verbiegen ihr Gewissen und ermöglichen so den falschen Weg des Krieges. Ein früherer Sponti, der in seiner Jugendzeit mit körperlicher Gewalt gegen Polizisten vorgegangen war, sammelt heute in seiner Funktion als Außenminister eifrig Stimmen für den Kriegseinsatz in Afghanistan. Ein früherer Verteidiger der gefürchteten RAF-Terroristen überbietet sich heute in seiner Funktion als Innenminister selbst mit Vorschlägen zur Einschränkung der Bürgerrechte.

Aber keine Angst, der deutsche Staat bricht jetzt noch nicht zusammen. Doch es bleibt nicht so, wie es ist. Meine Beobachtung ist, dass die Menschen sich nach innerem Frieden sehnen, den weder das Christentum noch irgendwelche politische Ideologien bieten kann. Auch der Freizeitspaß oder esoterische und okkulte Beschäftigungen befriedigen letztlich nicht. Denn jeder ist hier eine einsame Insel und lebt nur für sich. Gesellschaften, die keinen Gemeinsinn mehr vermitteln kön­nen, brechen früher oder später weg. Meine Prognose ist, dass das deutsche Volk in seiner Offenheit für Neuerungen und schöpferischen Qualität sich dem Islam wid­men wird (nicht heute, eher übermorgen) und ihn in ihrer Neigung zur Perfektion zur Weltgeltung bringen wird. Denn das deutsche Volk hat einen ausgesprochenen Sinn für mystische Vorstellungen und deren Realisierung in der Gesellschaft.

Deshalb wird der Islam in Deutschland ganz anders aussehen als in der Türkei oder Arabien, aber er wird erkennbar islamisch sein und die Gebote Gottes, wie sie im heiligen Qur'an offenbart wurden, in einer menschenfreundlichen Weise anwenden. Die Todesstrafe und Verstümmelungen, die Benachteiligungen von Frauen, ob gesellschaftlich oder erbrechtlich, werden keine Anwendung finden, sie gehören ja zu einer ganz anders gearteten, früheren Gesellschaft. Was damals sinnvoll war, ist heute unter veränderten Voraussetzungen nicht mehr nötig. Cha-didja, die Gattin unseres Propheten, war eine selbstständige Kauffrau, daran soll­te man sich erinnern. Sie ist das Vorbild für die muslimischen Frauen. Wer sich vorurteilsfrei mit dem frühen Islam beschäftigt, wird schnell bemerken, dass es die zu Recht kritisierten Zustände in islamischen Ländern damals nicht gab. Erst allmählich wurde der originäre Islam überwuchert mit fremden Ideen aus archai­schen Zeiten. Wann Deutschland seine Sinngebung im Islam sieht, wird sich erge­ben. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als die DDR zusammenbrach und von heute auf morgen verschwand.

So schnell wird es auch dem heutigen deutschen Staat, der niemanden mehr begeistern kann, ergehen. Und die Deutschen werden sich dem Islam öffnen ... Das sind meine Erkenntnisse über die Zukunft Deutschlands.«

 

Quelle: Udo Ulfkotte zitiert in „Der Krieg in unseren Städten. Wie radikale Islamisten Deutschland unterwandern“ (Eichborn, Frankfurt am Main 2003, S. 173f) http://www.nova-europa.de/kalifat-482.htm (im Sommer 2002 vom Server genommen).