Europäischer Haftbefehl

 

Sie sind ein ganz normaler Deutscher. Sie lieben Ihr Land und Volk, wie auch jeder andere normal empfindende Mensch auf dieser Erde das seinige liebt. Rassismus oder Chauvinismus liegt Ihnen völlig fern. Darüber allerdings, daß es vor ein paar Jahren eines höchstgerichtlichen Urteils bedurfte, um klarzustellen, daß die Devise «Deutschland den Deutschen» noch keine Straftat im Sinne irgendeines deutschen Strafgesetzes ist, können Sie nur den Kopf schütteln.

 

Jedenfalls beobachten Sie mit wachsender Sorge, daß die alteingesessenen Deutschen in Ihrem Stadtteil demnächst zur Minderheit zu werden drohen, während Menschen aus beinahe aller Herren Länder zunehmend das Straßenbild bestimmen, Als Ihre zeitgeistbeflissene Tageszeitung daher wieder einmal die Vorzüge des «multikulturellen Miteinanders» in Ihrer Stadt in den höchsten Tönen lobt, platzt Ihnen, der Sie von diesen Vorzügen ‑ gelinde gesagt ‑ nichts bemerkt haben, der Kragen. Sie setzen sich also hin und verfassen einen geharnischten Leserbrief. Der letzte Satz lautet, nicht ohne Bedacht: «Ich zumindest plädiere dafür: Deutschland uns Deutschen!» 'Dagegen wird niemand etwas tun können', denken Sie befriedigt, während Sie den zusammengefalteten Brief in den Umschlag schieben, 'denn das zu sagen hat immerhin sogar das Bundesverfassungsgericht für erlaubt erklärt.'

 

Womit Sie jedoch nicht gerechnet haben, ist der Europäische Haftbefehl. Und die ungeheure Zielstrebigkeit, mit der mächtige internationale Kreise die Völkervermischung um jeden Preis vorantreiben wollen. Diese Kreise haben kürzlich mittels diskreter finanzieller «Vergünstigungen» für die dort Herrschenden in dem Kleinstaat Malta ein neues Gesetz «veranlaßt». Natürlich unbemerkt von den Bürgern der übrigen EU, denn wer kann schon Maltesisch ‑ und wer interessiert sich schon für die Innenpolitik dieses gerade mal 300.000 Einwohner zählenden Inselchens?

 

Das neue maltesische Gesetz hat es jedoch in sich. Es bedroht «Fremdenfeindlichkeit in Tat, Wort oder Schrift» mit «Gefängnis nicht unter zwei Jahren». Was «Fremdenfeindlichkeit» im einzelnen sein soll, definiert es allerdings nicht. Absichtlich nicht . . . ! Das näher zu bestimmen, soll den wenigen Richtern des Ländchens überlassen bleiben. Die hat man übrigens auch schon «instruiert» ...

 

Von alledem wußten Sie natürlich nichts ‑ woher denn auch!? Sonst hätten Sie Ihren Leserbrief nämlich nicht in einen Briefumschlag, sondern ‑ wenn auch zähneknirschend ‑ in den Papierkorb befördert. Doch jetzt ist es zu spät. Ihre Zuschrift ist veröffentlicht worden, und obwohl es nur Ihre Lokalzeitung war, hat die Regierung der Insel Malta auf nachgerade mysteriöse Weise umgehend davon erfahren. Jedenfalls zeigen Ihnen die Polizisten, die Sie frühmorgens aus dem Bett werfen und in Handschellen abführen, einen maltesischen Europäischen Haftbefehl vor ‑ wegen «Fremdenfeindlichkeit».

 

Vor dem deutschen Haftrichter protestieren Sie schärfstens gegen Ihre Festnahme und verweisen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Vergebens, denn der Mann ist nur noch für die Formalitäten Ihrer Auslieferung nach Malta zuständig, und Urteile des Bundesverfassungsgerichts sind, seit es den Europäischen Haftbefehl gibt, nur noch Makulatur, zu deutsch: Schmierpapier . . .

 

Mindestens zwei lange Jahre hinter maltesischen Gefängnismauern sind Ihnen bereits sicher, als man Sie unter Bewachung ins Flugzeug steckt. Hinterher, das haben Sie sich schon jetzt geschworen, werden Sie nicht bloß keine Leserbriefe mehr schreiben. Nein, Sie werden den Mund überhaupt nicht mehr aufmachen, ganz egal, was in und mit Deutschland (und der Welt) passiert. Auch alle Ihre Angehörigen, Verwandten und Freunde werden Sie unter Hinweis auf Ihr eigenes Schicksal davor warnen, auch nur im geringsten «aufzufallen». Falls die nicht schon jetzt hinlänglich gewarnt sein sollten.

 

Und genau damit hat der neue Europäische Haftbefehl seinen Zweck glänzend erfüllt . . .

 

Quelle: "Der europäische Haftbefehl" von Dr. Carlo Alberto Agnoli, ISBN 3-938235-00-4, Verlag Anton A. Schmid, Postfach 22, D-87467 Durach (62 Seiten / 3,- Euro)