Engholms Pfeife ?
Sorge bereitete der Mossad‑Führung
auch eine plötzliche politische Krise in Dänemark. Der dänische Geheimdienst
bekam kalte Füße und bat darum, die Waffenlieferungen über Dänemark zeitweilig
zu stoppen, bis man wüßte, wie sich die neue politische Situation im Land
gestalten würde.
Der BND fragte nun bei Uwe
Barschel um Erlaubnis an, die Häfen in Schleswig‑Holstein für die
Überführung der Waffen in den Iran benutzen zu dürfen. Barschel lehnte ab. Der
Mossad hatte es nicht für notwendig erachtet, Barschel deswegen anzugehen. Der
BND wußte allerdings nicht, daß der Mossad sich schon die Kooperation des
Verfassungsschutzes gesichert hatte. Deshalb kam es dazu, daß der BND an
Barschel herantrat und ihm einiges mehr erzählte, als nötig war. Doch der BND
hatte Barschels Festigkeit in dieser Angelegenheit falsch eingeschätzt. Als
Barschel ablehnte, gerieten alle in Panik. Sie erkannten, daß Barschel für sie
zu einer Bedrohung werden könnte, wenn er sich dazu entschließen würde, Helmut
Kohl über all diese Vorgänge zu informieren.
Es war sehr verführerisch, mehrere
Fliegen mit einem Schlag erledigen zu können: Der Mossad hätte das Sagen bei
der Kontrolle des neuen Politikers und könnte den BND als Partner einführen.
Man könnte einen Störenfried, nämlich Barschel, eliminieren, der zwar
kooperierte, aber nicht aus den richtigen Gründen. Er war nicht wirklich
gekauft, wie es der Mossad bei seinen Politikern gerne hatte, sondern er nutzte
die Situation nach Kräften, um, wie er meinte, das Beste für seine Wählerschaft
rauszuholen, und gleichzeitig sicherte er seine politische Basis ab. Seine
Beseitigung würde auch ein Schlag für Helmut Kohl sein, der gerade eine Wahl
gewonnen hatte und sich deshalb nun noch unangenehmer aufführen würde als in
der Vergangenheit.
Ran (leitender Mossad-Offizier, d.V.) begann also Verbindungen zur
Oppositionspartei zu knüpfen und kam in engen Kontakt mit einem ihrer Führer.
Er fühlte ihm auf den Zahn, ob er, für den Fall, daß er die Wahl gewänne, zur
Mitarbeit mit denen, die ihm geholfen hätten, bereit wäre und sich erkenntlich
zeigen würde. Jenem Oppositionspolltiker wurde bedeutet, daß der BND hinter
ihnen stehe und alles im besten Interesse Deutschlands geschehe. Die Antwort
übertraf alle Erwartungen Rans: Der Oppositionspolitiker, der keine Chance sah,
die Wahl zu gewinnen, war zu jedem Versprechen bereit. Nachdem Ran diesen
Politiker sicher in der Tasche hatte, was ihn eine neue Pfeife und etwas Tabak
kostete, war es an der Zeit, Barschel aus der politischen Arena zu werfen.
Quelle: "Geheimakte Mossad - Die schmutzigen
Geschäfte des israelischen Geheimdienstes" von Victor Ostrovsky, 6. Aufl.,
München 1996, S. 291f (Hervorhebung vom Bearbeiter)