Dr. Semmerow
Bundesverdienstkreuz
für besondere Schande?
Redaktion
Lokalfernsehen Kiel
Reinhard Moldzio
Knud-Rasmussen-Str.
23566
Lübeck
den 24. August 2003
Tel./Fax:
Betreff:
Bundesverdienstkreuz für Dr. Semmerow
Dr. Bernd Rohwer
Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
Düsternbrooker Weg 94
24105 Kiel
Sehr geehrter Herr Minister,
als ich am heutigen Sonntag die Lübecker Nachrichten
aufschlug, glaubte ich meinen Augen nicht mehr trauen zu können. Wollen Sie
tatsächlich Dr. Semmerow, dem ehemaligen
Geschäftsführer der LN, das Bundesverdienstkreuz verleihen?
Ist Ihnen denn nicht bekannt, dass es früher einmal
zwei Ermittlungsverfahren gegen Dr. Semmerow gegeben
hat, die unter höchst merkwürdigen Umständen eingestellt wurden? In dem ersten
Ermittlungsverfahren wurde Dr. Semmerow vorgeworfen,
Spendengelder im Umfang von 170.000 DM veruntreut zu haben. Diese Spenden waren
bestimmt für die Stiftung "Licht im Advent", also für die Ärmsten der
Armen, damit einige Sozialhilfeempfänger zu Weihnachten ein kleines Geschenk
bekämen. Dieses Verfahren ist dann mit sehr viel Wohlwollen der
Staatsanwaltschaft Lübeck gemäß § 153 a Strafprozeßordnung eingestellt worden.
Nicht allzuviel später gab es dann das zweite Ermittlungsverfahren. Insofern
wurde Dr. Semmerow vorgeworfen, den Verleger Peter
Salman in Kiel um einen siebenstelligen Betrag betrogen zu haben. Insofern gab
es auch Hausdurchsuchungen in der Privatwohnung von Dr. Semmerow
und in den Geschäftsräumen der LN. Es hatte den Anschein, dass der Staatsanwalt
Spohr Dr. Semmerow anklagen wollte. Dann ist ein
Telefongespräch zwischen dem damaligen Justizminister G. Walter, einem
speziellen Freund von Björn Engholm, aktenkundig. Der Justizminister rief
damals bei Staatsanwalt Spohr an und das Ergebnis war, dass das Verfahren
einige Tage eingestellt wurde.
Juristen, die die Akte gelesen haben, haben das für
eine glatte Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt gehalten. Es erweckt den
Anschein, dass dieser Orden der Bundesrepublik nicht für besondere Verdienste,
sondern für besondere Schande verliehen wird.
Gez. Moldzio /
Hauptsekretär a. D.
Ministerium
für Wirtschaft,
Arbeit und
Verkehr
des Landes
Schleswig-Holstein Kiel, 25. August 2003
Minister
Herrn
Reinhard Moldzio
Knud-Rasmussen-Straße
23566 Lübeck
Sehr geehrter Herr Moldzio,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 24. August 2003,
mit dem Sie Ihre Verwunderung über die Aushändigung des Verdienstordens der
Bundesrepublik Deutschland an Herrn Dr. Semmerow zum
Ausdruck gebracht haben.
Ihre Darstellung habe ich zum Anlass genommen,
dieses Prüfungsverfahren auf seine Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen. Die
verfahrensrechtlichen Vorgaben des Bundespräsidialamtes wurden selbstverständlich
eingehalten.
Es handelt sich in Ihrem Schreiben um Vorwürfe, die
im Ermittlungsverfahren verfolgt und durch Einstellungsverfügung abgeschlossen
worden sind.
Die Staatsanwaltschaft Lübeck hat mir bestätigt,
dass unter den gegebenen Umständen eine Aushändigung des bereits verliehenen
Ordens unbedenklich sei, insofern sah ich keine Veranlassung, von der
Ordensaushändigung abzusehen.
Da das Verfahren nicht zu beanstanden war, sehe ich
keine Veranlassung, weitere Schritte zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bernd Rohwer
Anmerkung: Es
sollte nicht verschwiegen werden, daß die Staatsanwaltschaft Lübeck
beispielsweise eine noch dem Jugendstrafrecht unterfallende Türkin, die in
einem Kaufhaus einen Kosmetikartikel im Werte von 16 DM entwendet haben soll,
gnadenlos anklagt und vor den Amtsrichter zitiert. Aber wie heißt es nicht
schon in 'Animal Farm': "All pigs
are equal, but some are
more equal!"