Der Schlesier

 

"In der Vertriebenenzeitschrift 'Der Schlesier' werden nach Erkenntnissen der Bundesregierung regelmäßig verfassungsfeindliche Beiträge veröffentlicht Das geht aus einer Antwort der Regierung auf eine kleine Anfrage der PDS hervor, die am Freitag von der Bundespressestelle in Bonn veröffentlicht wurde Die Zeitschrift sei aber nicht im Verfassungsschutzbericht 1995 aufgeführt worden, weil der Bericht keinen 'erschöpfenden Überblick über alle extremistischen Gruppen, Vertriebsdienste, Publikationen oder Verlage geben' könne. Vielmehr solle er über 'wesentliche Erkenntnisse' unterrichten. Außerdem müsse der Verfassungsschutz abwägen zwischen einer möglichen Aufwertung durch die Erwähnung im Bericht und der erforderlichen Aufklärung der Öffentlichkeit. Das rechtsgerichtete Vertriebenenblatt bringt den Angaben zufolge zum Teil Beiträge mit revisionistischem Inhalt".

 

Quelle: AFP-Meldung in der FAZ vom 27.7.1996


 

 

 

 

"Zur bedenkenlosen Übernahme der AFP‑Meldung aus Bonn vom 26. Juli 1996 in der FAZ vom 27. Juli 1996 unter dem Titel 'Verfassungsfeindliche Beiträge in DER SCHLESIER' auf Seite 2 veröffentlicht, muß wegen der leichtfertigen Unter­stellung diffamierenden Charakters in Überschrift und Inhalt Einspruch erhoben werden: Ohne auf Herkunft, Entstehung, Charakter, Vertreter, Programm und ideologische Handlungsziele der PDS noch näher einzugehen, weil sattsam bekannt, sollte man bei Kenntnis der Parlamentskorrespondenz 'woche im bundes­tag' (wib) in Redaktionskreisen doch längst wissen, mit welcher destruktiven Absicht die PDS die 'Kleine Anfrage' für ihre Diffamierungsabsichten instrumentalisiert! Sie legt mit den zahlreichen 'Kleinen Stalin‑Orgeln' die Verwaltung unnötig lahm und versucht gleichzeitig im Sinne einer 'Systemüberwindung' mit 'demagogischer Phraseologie' alle Einrichtungen der Informations‑ und Meinungsbildung, also Presse, Rundfunk und Fernsehen, zwecks weitestgehender Verbreitung mit ihren 'Faschismus‑Keulen' zu überfluten. Wie die redaktionelle Übernahme in Ihrer Zeitung und die sogenannten 'Erkenntnisse' des Verfassungsschutzes und infolgedessen der Bundesregierung zeigen, sind diese schon Opfer dieser PDS‑Strategie und ‑Taktik geworden!

 

Denn in der Wochenzeitung 'Der Schlesier' stehen keine 'verfassungsfeindlichen Beiträge', sondern im Sinne des Artikels 5 GG, also der Freiheit der Meinungsäußerung und ‑verbreitung, der Gewährleistung der Pressefreiheit und Freiheit der Berichterstattung, des Zensurverbots sowie der Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre, höchstens, im Geiste des Wächteramtes als Organ des Souveräns, regierungs‑, europa‑ und demokratie‑ und parteienkritsche Beiträge sowie legitim nach geschichtlicher Wahrheit suchende Aufsätze. Revisionismus gehört zur Geschichte wie das Amen in der Kirche! Es verwundert nicht, wenn die illegitimen Meinungseinschränkungsaktivitäten von Volksvertretern und Staatsdienern gegenüber dem eigentlichen Souverän im Ausland und bei den UN zunehmend auf berechtigte Kritik stoßen! Und Kritik ist nicht, wie es in unserem Lande zunehmend mißverstanden wird, mit Regierungs‑, Europa-, Demokratie‑ oder Parteifeindlichkeit zu verwechseln, sondern ist die konstruktive Grundlage und Pflicht eines jeden Souveräns in einer funktionierenden Demokratie!


 

Aus oben geschildertem Anlaß ist gerade in dieser Zeit die Lektüre des Essays des amerikanischen Schriftstellers Henry David Thoreau (12. Juli 1817 bis 6 Mai 1862) aus dem Jahre 1849 'Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat' (Resistance to civil government) sehr zu empfehlen! Der FAZ‑Redaktion sowie der Bundesregierung samt Verfassungsschutz sei anempfohlen, sich trotz der Olym­pischen Spiele in Atlanta nicht von der PDS in einen Keulenrundumschlag‑Wettbewerb drängen zu lassen! Das wäre ein unrühmliches Spiel, das unweigerlich zur Disqualifikation führen würde..."

 

Quelle: Leserbrief von Professor Emil Schlee, der von der FAZ nicht abgedruckt wurde, dafür aber als 'Offener Leserbrief' in 'Der Schlesier' vom 9.8.1996

 

Anmerkung: Der Kulturredakteur von "luebeck-kunterbunt" hat sich von einem aus Gesinnungsverdachtsgründen frühpensionierten Pädagogen aus einem alten idyllischen Fischernest und vom Herausgeber derselben einige Exemplare jener Zeitung aushändigen lassen. Die gründliche und kritische Durchsicht unter juristischen Aspekten hat nichts Verbotenes und schon gar nichts Verfassungsfeindliches an den Tag gebracht. Was die publizistische Qualität der Beiträge im 'Schlesier' anbetrifft, muß man - unabhängig von Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall - den Hut ziehen. Dort werden nämlich auch "heiße Eisen" angefaßt, bei denen sich der bundesrepublikanische Standardjournalist zuerst in die Hose machen und dann zwei Wochen krank schreiben lassen würde. Das, was  'Der Schlesier' macht, entspricht aber exakt dem, was das Bundesverfassungsgericht schon vor Jahrzehnten mehrfach über die Qualität der Meinungsfreiheit im Gefüge des Grundgesetzes geurteilt hat: Sie ist für ein demokratisches Gemeinwesen schlechthin konstituierend. Unter diesem Blickwinkel fällt die Beurteilung der Frage, wer unter den genannten Beteiligten verfassungsfeindlich ist und wer nicht, notwendig ganz anders aus, als es die pauschalen und unsubstantiierten Verdächtigungen des Verfassungsschutzes glauben machen wollen.

 

 

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