DDR-Light

 

"Überholen ‑ ohne einzuholen!"

 

Unvergessen diese Worte des Genossen Ulbricht, die seinerzeit das wirtschaftliche Überholen der Bonner Republik in Wirtschaftsdingen propagierte. Es klappte bekanntermaßen nicht. Doch den wahren Sinn seiner Worte erkennen Betrachter der politischen Situation jetzt genau. Der Spitzbart war offenbar ein Visionär, denn er hatte etwas gemeint, was erst nach dem Anschluß Mitteldeutschlands an die BRD eintreten sollte.

 

Die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache: In der SBZ/DDR gab es keinen Verwaltungsgerichtsweg, denn was die Arbeiter‑ und Bauernmacht bestimmte, war ja Volkes Wille und somit nicht gerichtlich überprüfbar. Also gab es für Anordnungen, Enteignungen und sonstiges kein Gericht, das der betroffene Bürger anrufen konnte, um die Rechtmäßigkeit des Staatswillens nachprüfen zu lassen. Für das Versammlungsrecht benötigte man solch einen "Unsinn" schon gar nicht, denn Aufmärsche und Versammlungen fanden nur unter dem Dach der Nationalen Front und ihrer Massenorganisationen statt. Und wer dagegen aufmuckte, bekam den Gummiknüppel der Deutschen Volkspolizei zu spüren, wanderte nach Bautzen oder Hoheneck ‑ für die Jüngeren gab es den Jugendwerkhof.

 

Nach dem Anschluß der fünf "teuren Länder" und Ostberlins am 3. Oktober 1900 ‑ obwohl die Errichtung der Länder ja erst Mitte Oktober erfolgte ‑ galt dann völkerrechtswidrig das Rechtswesen der Bonner Republik auch in der ehemaligen DDR. Also gab es auch den dritten Rechtsweg ‑ den Verwaltungsrechtsweg für den öffentlichen Bereich. Während dieser nach 15 Jahren immer noch an personeller Unterbesetzung leidet, wird er in Mitteldeutschland schon wieder für überflüssig erklärt,

 

Nachdem schon Christian Worchs Leipziger Demonstrationen trotz gerichtlicher Genehmigungen fast immer nach der Aufstellung und Personenkontrollen, der Einkesselung der Teilnehmer an rechtswidrigen Blockaden unter Aufsicht der obersten Leipziger Ordnungsbehörde in Person des Oberbürgermeisters Tiefensee endeten, trieb man in der Alt-BRD dieses Verfahren noch nicht ganz so auf die Spitze. Wohl unterlag die Polizeiführung von Lüneburg nachträglich vor dem Verwaltungsgericht bezüglich der Auflösung eines NPD‑Aufmarsches , weil man das Absingen des Deutschlandliedes als Grund ansah. Doch die Perfektion, Beschlüsse der Gerichte zu sabotieren, zu ignorieren und damit die Verwaltungsrichter zu Kasperlefiguren des Systems zu degradieren, gibt es nun seit Anfang des Jahres in der Ex‑DDR:

 

Am Tag der Kapitulation in Berlin arbeiten Polizei und Anarchoantifaschisten Hand in Hand und verhindern die vom Gericht garantierte Marschroute. Was hinterher das Verwaltungsgericht entscheiden wird, ist nur noch für die Katz. Die Verfahrens‑ und sonstigen Kosten für diesen Rechtsbruch trägt die Staatskasse. ( Hoffentlich spart man das Geld nicht bei den 170.000 Sozialhilfeempfängern ein, die als "Kontingentflüchtlinge" aus der ehemaligen Sowjetunion kamen! ) Und weil nun die Ex‑DDR richtig in Fahrt kommt mit ihrem Überholen ohne aufzuholen, bricht man den Thüringentag in Weimar um 16 Uhr ohne ersichtlichen Grund ab! Auch hier wird das Verwaltungsgericht entsprechend zu Ungunsten der Ordnungsbehörde entscheiden müssen. Doch die staatskriminelle, verfassungsfeindliche Vorgehensweise läßt sich noch toppen. Beim Fest der Völker in Jena dürfen Barrikaden errichtet werden, der vom OVG freigegebene Platz ist blockiert und wird nicht geräumt. Ordnungsbehörde und das, was sich Polizei nennt, stehen ganz offensichtlich mit auf der Seite der Leute, die bürgerkriegsähnliche Zustände für rechtmäßig halten.

 

Da wächst offenbar zusammen, was zusammen gehört! Das hatte doch Willi Brandt 1989 erklärt. Und da Entscheidungen der Verwaltungsgerichte und ihrer vorgesetzten Instanzen offenbar nur zur Volksverdummung da sind, macht sich ein ganzer Rechtsweg selber überflüssig. Was Recht und Gesetz ist, bestimmt in Mitteldeutschland allein die Verwaltung und deren folgsame Polizei. Und mit dieser "Justizreform" ‑ der Abschaffung des Verwaltungsrechtsweges ‑ überholt Mitteldeutschland Westdeutschland ohne einzuholen! Frau Merkel wird es auch im Westteil des besetzten Vaterlandes umsetzen, um das eingesparte Geld hoffentlich denen zukommen zu lassen, die mit ihren Vermächtnisssen die CDU finanzieren.

 

Quelle: Reinhart Jahnke, Gärtnergasse 1 B, 23562 Lübeck, Tel.: 0451-290 75 56 (inhaltlich leicht überarbeitete Fassung eines Gastbeitrages für die Weltnetzseite des NPD-Kreisverbandes Jena)