Claudia Roth – Alphatierchen der Hetzmeute

„Überall ist der vulgäre Charakter eine Erniedrigung der Freiheit. Prompt gehorcht er seinem Ausdrucksdrang. Noch bevor er weiß, was er empfindet, bekundet er Abscheu, Er­staunen oder Wohlgefallen. Vulgarität ist die Extremform der Unziemlichkeit. Nicht aus Unkenntnis, Gedankenlosig­keit oder Protest mißachtet der Rüpel die Etikette, sondern aus innerer Un­freiheit.“ Das schrieb kürzlich der So­ziologe Wolfgang Sofsky in der Neuen Zürcher Zeitung. Wenn man hinzufügt, daß Unkenntnis, Gedankenlosigkeit und innere Unfreiheit einander nicht aus­schließen, dann scheint jeder Satz auf die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth gemünzt. Sofsky sieht im Vulgären die Zerstörung des Sozialen. An der erstaun­lichen Karriere der Claudia Roth läßt sich ablesen, daß es zugleich ein prä­gendes Prinzip der Politik ist.

Es ist bemerkenswert: Einerseits nimmt niemand diese Frau ernst, selbst im eigenen politischen Spektrum nicht. Die sehr linke Junge Welt höhnte über ihre Autobiographie „Das Politische ist privat“, Roth sei „begriffslos“, von „Denk- und Sprachstörungen“ heimge­sucht, sie ließe „ihre Gesinnung bis zur Schmerzgrenze im Wind flattern, was darauf schließen läßt, daß sie nichts an­deres hat“. Wohl wahr, doch schadet ihr das überhaupt nicht. Geradezu liebedie­nerisch kündigte der NDR ihren Auftritt in einer Sendung an: „Bei 'Zimmer frei' stellt sich Claudia Roth, die den mitun­ter grauen Politikalltag oft mit dem ein oder anderen individuellen Farbtupfer in Kleidung und Frisur zu bereichern weiß, vor. Und in einer solch bunten Sendung wird sich die Politikerin bestimmt von Anfang an wohlfühlen und natürlich auf viele grüne Karten hoffen.“

In Kampagnen läuft sie zur Hochform auf

Ansprüche geistiger und politischer Art werden nicht gestellt, die Medien treffen sich mit der Protagonistin auf dem Claudia-Roth-Niveau und gehen hier mit ihr ein symbiotisches Verhältnis ein. Die Gedanken- und Spracharmut, von ihrer ins Hysterische abkippenden Daueremotionalisierung umrahmt, sind für ihre Medienpräsenz sogar von Vor­teil. Denn selbst in politischen Talk­shows geht es um keinen qualifizier­ten Gedankenaustausch, sondern um unterhaltsame Dramaturgie. Claudia Roth hat die in sie gesetzen Erwartungen nie enttäuscht und ist zu ihrem eigenen Markenzeichen geworden. Sogar für den FAZ-Rezensenten ihrer Autobiographie verschieben sich die Maßstäbe: Er mochte „der Courage, Privates als Politik und Politik als Privates zu leben, seinen Re­spekt nicht versagen“.

Wer Roth auf das in die Politik ver­irrte Dummchen reduziert, unterschätzt sie gründlich. Sie ist fleißig, am laufen­den Band sorgt sie für Agentur- und Pressemeldungen. Die sind überwiegend gehaltlos, dafür von Aggressionen ge­tragen: Jemand soll sich entschuldigen, etwas zurücknehmen, sich distanzieren, zurücktreten. Sie ist die Anklägerin im Namen des Guten. In Kampagnen läuft sie zur Hochform auf, stets ist ihre Stim­me eine der frühesten und schrillsten. Trotz anerkannter Unzuständigkeit ist sie fast immer die Siegerin. Tendenziell sowieso, oft sogar unmittelbar: Günther Oettinger ist heute ein kastrierter Ka­ter. Gegen die Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann und Jürgen Mölle­mann hatte sie sogar Anzeigen wegen „Volksverhetzung“ gestellt. Die wurden zwar abgewiesen, doch Hohmanns Na­me ist seitdem in Verruf, und Mölle­mann ist tot.

Wie erklärt sich ihre starke Stellung? Sie ist der Extremfall eines auf dem Vor­marsch befindlichen Politikertyps. Ihn kennzeichnen die frühe politische Betä­tigung, das abgebrochene Studium und die Tatsache, daß er sein Geld so gut wie nie in einem bürgerlichen Beruf verdient hat. Dafür findet er von Anfang an We­ge, seine politischen Launen vom Staat alimentieren zu lassen. Frau Roth trägt heute Escada und läßt sich in einem Mercedes chauffieren - nicht schlecht für eine Studentin der Theaterwissen­schaften, für die nach zwei Semestern Schluß war.

„Eichhörnchen auf Ecstasy“

Unwillkürlich fällt einem das Wort von Spengler über die Organisation der Arbeitslosen durch die Arbeitsscheuen ein. Um deren politische Qualität zu kennzeichnen, ist der Begriff „Gesinnungsethiker“ ungeeignet, weil dieser noch einen „ethischen“ (sittlichen) An­spruch beschreibt. Bei Roth geht es um einen selbstbezogenen, instrumentellen Gesinnungsfanatismus.

Eine Vorbedingung für den Sieges­zug dieses Typs war der enorme Einfluß, den linksliberale Intellektuelle auf die Ausformung des politischen Systems der Bundesrepublik nehmen konnten. Die Mittel ihrer Wirksamkeit - im weiteren Sinne sogar ihre Existenzberechtigung - waren Anklage und Kritik. Der liberale Kulturphilosoph Gerhard Szczesny hat­te 1971 in dem Buch „Das sogenannte Gute“ darauf verwiesen, daß im Wind­schatten der Intellektuellen sich enthu­siastische Zwanzigjährige sammeln, „die zumindest am Anfang der dreißiger Jahre begeisterte SA-Männer und HJ-Leute gewesen wären“. Anders als ihre intel­lektuellen Leitsterne haben sie später auf ernsthafte Arbeit verzichtet, ihre Ankla­ge- und Kritikwut dafür potenziert.

Wer derart kompetenzfrei in die Poli­tik gekommen ist, hat in gesitteten De­batten keine Chance. Weil die ungebil­dete, aber bauernschlaue Claudia Roth das ganz genau weiß, zerstört sie vorsätz­lich - und keineswegs naiverweise - die Grundlagen sachlicher Auseinanderset­zungen durch moralischen Alarmismus. Permanent klagt sie an, erschnüffelt und entlarvt Feinde, stellt sie an den Pranger, zeigt sie sogar an. Ihr Jagdinstinkt be­sitzt eine Intensität, die dem Machtin­stinkt von Angela Merkel in nichts nach­steht. Sie wittert, wo sich Blut lecken läßt, dann kreischt sie zum Sammeln und stürmt nach vorn. Harald Schmidt nannte sie „Eichhörnchen auf Ecstasy“. Richtig ist: Sie ist das Alphatierchen der Hetzmeute. Wenn man Roths Treiben betrachtet, kann man gar nicht anders, als Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu preisen. In der Bundesrepublik ist sie bislang nur unangenehm, in der DDR wäre sie gefährlich, im Dritten Reich womöglich lebensgefährlich gewesen.

Bei der Etablierung von Gesinnungs­gesetzen ist sie mit Begeisterung dabei. Sie bestätigen und institutionalisieren ihr manichäisches Weltbild, machen es immer schwerer angreifbar. Je mehr Volksverhetzungsparagraphen, Antidiskriminierungs- und Antirassismusgesetze es gibt, um so mehr Munition steht ihr zur Verfügung, um so sicherer sind auch Escada-Mode und der Mercedes. Der Genuß, den sie bei der Demüti­gung ihrer auserkorenen Feinde emp­findet, ist ganz allgemein ein Merkmal unserer wohlsituierten, dafür antriebs- und spannungsarmen Zeit. Man den­ke an den kryptischen Satz von Arnold Gehlen, wonach in Menschen, „die sich gegnerschaftsunfähig machen (...), et­was wie ein kleiner diabolischer Keim (bleibt), der die Freude an der Vernich­tung des Wehrlosen bedeutet, das Thema der echten Horrorfilme“. Das ist ein wei­terer Grund für die Unerbittlichkeit, mit der das Roth-Milieu, das vor dem Islam zurückweicht, sich gnadenlos auf alles stürzt, was nur irgendwie als „rechts“ tituliert werden kann.

Vielleicht sollte man ihre Methode einfach gegen sie wenden und Roth, wenn sie mit Nazi- und Antisemitis­musvorwürfen hausieren geht, umge­hend anzeigen. Warum dreht nicht ein Abgeordneter den Spieß einfach um, analysiert ihr Tun und Reden und macht dann die Szene des Bundestags zum Tri­bunal? Es ist gar nicht so schwer, Roths Dürftigkeit, Gemeinheit, ihren brutalen Stumpfsinn, kurzum: ihre Vulgarität, zu attackieren. Ein bißchen Mut, der gehört allerdings dazu.

 

Quelle: Doris Neujahr in JUNGE FREIHEIT vom 25. Mai 2007 („Anklägerin im Namen des Guten“)

 

Anmerkung: So beurteilen wir diese Verbreiterin von Hirngespinsten auch. Wegen einer unausrottbaren liberalen (hat nichts mit F.D.F. zu tun!) Grundeinstellung, konnten wir auch Politikern wie Gerhard Schröder und Edmund Stoiber gelegentlich ein wenig Sympathie entgegenbringen. Die TV-Fernbedienung wird jedoch nach wie vor zum Schnell-Zapp zerquetscht, wenn Claudia Roth oder Michel Friedman auf dem Bildschirm erscheinen.