Bahn unterm Hammer

 

„Ist es sinnvoll, dass eine aus Steuermitteln privatisierte Bahn verkauft wird, wenn sie endlich schwarze Zahlen schreibt?“ (Taz)

 

Bahn unterm Hammer: „Eine Independent-Doku im wahrsten Sinne – hochpolitisch und brisant.“ (Hamburger Morgenpost)

 

 Eine tolle Sache, diese Bahn: Ein Wunder der Organisation und Lo­gistik, pünktlich wie ein Uhrwerk, umweltfreundliche, beständig er­neuerte Spitzentechnologie auf einer von Steuergeldern errichteten Infrastruktur, die kundenfreundlich auch den letzten Winkel des Landes erreicht. Die preiswerteste Bahn Europas, sauber, bequem. Die Bahn ist das beste Verkehrsmittel für alle und von allen geliebt. In der Schweiz.

In Deutschland dagegen fährt die Bahn an­dere Ziele an. In Hamburg will sie den Hafen­betreiber kaufen, steigt ins internationale Spe­ditionsgeschäft ein und zwingt gleichzeitig die Pendler ins Auto. Seit 1994 hat die Bahn 5.700 Streckenkilometer und 500 Bahnhöfe stillgelegt, die Hälfte der Belegschaft entlas­sen. Sie konzentriert sich ganz auf die hoch­profitablen Rennstrecken, auf denen ein ICE für kurze Zeit Rekordgeschwindigkeiten er­reicht. Nicht selten vertrödelt er danach die Zeit beim Warten auf freie Gleise vorm Bahn­hof oder auf den zahlreichen Langsamfahr­stellen (Bahnjargon „Las“), die die Schie­nensprinter ausbremsen ...

Die DVD-Dokumentation „Bahn unterm Hammer“ zeigt, dass Politik und Deutsche Bahn AG andere Prioritäten haben als ein gutes öffentliches Verkehrsmittel zu stellen. Die Bahn soll als „weltweit führender Mobilitäts- und Logistikdienstleister und Manager hochkomplexer Verkehrsnetzwerke“ (Selbst­darstellung) der Börse und nicht Fahrgästen gefallen. Dazu sind fast alle Mittel recht, bis hin zur Verschleuderung des Vermögens.

  Nach Beschluss des Bundeskabinetts im Juli 2007 soll die Bahn jetzt teilweise verkauft werden. Das Unternehmen, das auch die nächsten 15 Jahre noch jährlich 2,5 Milli­arden Euro Subventionen erhalten soll, „war 2005 über 180 Milliarden Euro wert. Das Gutachten zur Privatisierung rechnet mit 20 Milliarden“ (Taz). Unabhängige Experten finden selbst diese Erwartung überzogen: „An dieser Zahl hatte jedoch die Commerzbank erhebliche Zweifel geäußert“ (FAZ). Kritik kommt auch von Landespolitikern, die die mobile Grundversorgung im Land gefährdet sehen. Sie haben Verfassungsklagen ange­kündigt, sollte das Gesetz im November den Bundestag passieren.

Die Macher von „Bahn unterm Hammer“ haben liberale Wirtschaftsprofis ebenso wie Globalisierungskritiker befragt: Was pas­siert mit der von Steuergeldern geschaffenen Bahn, wenn sie unter Investoren aufgeteilt wird? Welche Chancen bietet die Privatisie­rung? Wem nützt der Verkauf der Bahn? Den Kunden, dem verschuldeten deutschen Staat, der Bahn? Oder nur den Investoren, die die Bahn wie in Großbritannien filetieren, aus­nehmen und dann verkommen lassen (was dort zu einer Serie verheerender Bahnunglü­cke führte)? Aber sie zeigen auch Alterna­tiven: Wo die Bahn nicht an multinationale Konzerne verschleudert, sondern an Kom­munen verpachtet wird, die im Interesse ih­rer Bürger handeln, funktioniert sie plötzlich wieder. Wie in der Schweiz ...

„Bahn unterm Hammer“. D 2006. Eine Dokumentation von Herdolor Lorenz und Leslie Franke. FSK o.A. Spr.: DVD. 110 Minuten. 12,90 €

 

Quelle: Zweitausendeins – Merkheft 209 – September/Oktober 2007, S. 47

 

Anmerkung: Zwei Zitate zum Zusammenreimen ...

„Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee hat gut lachen: Woher sollte der ehemalige Leipziger Oberbürgermeister (1998 – 2005) auch wissen, dass in ‚seinem’ Rathaus Prostituierte ein- und ausgingen?!“

 

P.T. MAGAZIN – Ausgabe 4 / 2007 / S. 7 (Bildunterschrift)

 

 

„Die Sozialdemokratie ist ein stinkender Kadaver!“

 

Rosa Luxemburg