Anglo-German Club

 

Der Anglo-German Club residiert im Harvestehuder Weg 44, in einer Villa, die Martin Haller 1860 entworfen hat. Zu den Grün­dungsmitgliedern zählten Max Brauer, Kurt Sieveking, Paul Nevermann, Herbert Weich­mann, Karl Schiller, Karl Klasen, Axel Sprin­ger, Erik Blumenfeld, Ernst Rowohlt, John Jahr und Heinrich von Berenberg-Gossler, der dem Club später 29 Jahre lang vorstand. Hamburger, die keinen Zutritt haben, sind davon überzeugt, dass hier die Mächtigen der Stadt, ungestört und unbemerkt, wichtige Beschlüsse fassen - dass Hamburgs Politiker, Marionetten ähnlich, gleichsam aus der Ku­lisse gesteuert werden. Wahr ist: Nirgendwo ist mehr Einfluss auf so kleinem Raum ver­sammelt wie in den Hamburger Clubs. Wahr ist auch: Nirgendwo wird so ungern darüber geredet.

Immerhin: 1948, kurz nach der Gründung, überreichte Sir John Dunlop im Anglo-German Club dem jungen Journalisten Axel Springer die Lizenz zur Herausgabe des „Hamburger Abendblatts“. Das war ein An­fang, für Springer und für den Club. Später zogen sich etwa Schimon Peres oder auch die damaligen Außenminister Klaus Kinkel und sein englischer Kollege Robin Cook ins diskrete Obergeschoss zurück, um sich in Ruhe zu unterhalten. Wenn ein solches Tref­fen erfolgreich war, sagen sie beim Anglo-German Club, steht es hinterher manchmal in der Zeitung. Wenn nicht, hat es nie stattgefunden.

Rund 1100 Mitglieder hat der Club, den der frühere Hamburger Bürgermeister Ortwin Runde, SPD, einmal als „die letzte briti­sche Kolonie auf dem Kontinent“ bezeichnet hat.

 

Quelle: DER SPIEGEL 34 / 2007 Extra Hamburg S. 19 f (Auszug aus „Die heimliche Macht der Clubs“)

 

Anmerkung: In Lübeck läuft es so ähnlich. In der Vergangenheit neigte ein Großteil der Bürgerschaftsmitglieder während der Sitzungspausen zu exzessivem Alkoholgenuß. Gelegentlich waren Kommunalpolitiker so angeduselt, daß sie nicht mehr wussten, wie sie abzustimmen hatten. Das bezüglich der Hamburger Politiker bemühte Bild der Marionetten passt auch in Lübeck wie die Faust aufs Auge; immerhin haben wir es mit zwei jahrhundertelang ziemlich eng verzahnten Hansestädten mit langer aristokratischer und imperialistischer Tradition zu tun. In Lübeck enden die meisten Fäden in den Logen oder bei Rotary, Lions und Kiwanis. Das fulminante Erstarken von Loge (Axel Springer war auch Freimaurer und – wenn ich mich recht entsinne – geraume Zeit Meister vom Stuhl der ältesten deutschen Loge) und Clubs dürfte weniger mit dem Ende des Nationalsozialismus zu tun haben als mit der britischen Besatzung ab 1945. Die USA und Großbritannien sind die Brutstätten der Logen und Clubs.