Alternativer Verfassungsschutzbericht

 

(...) Ebenfalls am vergangenen Dienstag, nur wenige hundert Meter entfernt von dem Ort, an dem der amtliche Verfas­sungsschutzbericht vorgestellt wurde, hatte das Institut für Staatspolitik (IfS) zu einer Pressekonferenz geladen. Prä­sentiert wurde die neueste hauseigene Untersuchung: „Was der Verfassungs­schutz verschweigt. Bausteine für einen Alternativen Verfassungsschutz-Bericht“. Die Publikation beschäftigt sich mit der Problematik des Verfassungsschutzes als „parteipolitisches Machtinstrument“. Anwesend war neben dem Autor des Buches Josef Schüßlburner auch der ehemalige Sekretär des Uno-Menschen­rechtsausschusses Alfred de Zayas.

Besonderes Interesse an dieser Vorstel­lung zeigte die Tageszeitung Junge Welt, die durch ihren Mitarbeiter Nikolaus Brauns vertreten war. Laut Bundesver­fassungsschutzbericht sind „einzelne Re­daktionsmitglieder und ein Großteil der Stamm- und Gastautoren“ der Zeitung dem „linksextremistischen Spektrum zu­zuordnen“. Da trifft es sich, daß Brauns seit 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Linkspartei) ist. Auch bei der PDS gibt es Anzeichen linksextremistischer Bestre­bungen, da Teile der Partei ein „ambiva­lentes Verhältnis zur Gewalt“ offenbaren. Außerdem sind weiterhin „offen extre­mistische Gruppierungen“ in „wichtigen Gremien der Partei vertreten“, so der Ver­fassungsschutzbericht 2006.

Auf den eigentlichen Anlaß der Pres­sekonferenz angesprochen, äußerte sich Schüßlburner kritisch gegenüber der momentanen Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Dieses verletze das grundlegende Gleichheitsprinzip und das Neutralitätsgebot des Staates, da es sich vorrangig mit dem rechten Meinungs- und Parteienspektrum be­schäftige. Der Verfassungsschutz würde dazu mißbraucht, konkurrierende Par­teien zu schwächen, da er ihre Mitglieder als Extremisten abstemple. Die Warnun­gen vor einigen als rechtsextremistisch gebrandmarkten Parteien verhinderten, daß diese auf qualifiziertes und nam­haftes Personal zurückgreifen könnten. Beim Extremismusbegriff handele es sich laut Schüßlburner jedoch um „keine rechtlich definierte Kategorie, sondern um eine rechtsstaatswidrige Ideologievokabel“. Die Maßlosigkeit, mit der der Rechtsextremismusvorwurf ideologie­politisch gebraucht würde, führe dazu, daß es in Deutschland keinen wirklichen Pluralismus gebe.

In Bezug auf die aktuelle Weikersheim-Debatte äußerte Schüßlburner Unverständnis für das Unvermögen der CDU. Die Partei müsse sich der gleichen Mittel bedienen wie ihre politischen Gegner. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum die CDU beispielsweise nicht die Zusammenarbeit zwischen dem baden-württembergischen Landtagsabgeord­neten Stephan Braun (SPD) und ten­denziell linksextremistischen Kreisen thematisiere (JUNGE FREIHEIT 20/07). Gerade die Weikersheim-„Affäre“ habe gezeigt, daß der Verfassungsschutzbericht Leuten wie Braun in die Hände spiele. Sie müß­ten keine eigenen Erkenntnisleistungen mehr vollbringen, sondern brauchten le­diglich auf den Verfassungsschutz zu ver­weisen. Erst der Vorwurf der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht liefere den eigentlich harmlosen politisch-medi­alen Kampagnen die Munition, die sie so erfolgreich mache. Ob die Erwähnung letztlich gerechtfertigt sei oder nicht, spiele dabei keine Rolle. Dies habe der Fall der jungen Freiheit gezeigt. Die amtlichen Verfassungsschutzberichte hätten dabei im „Kern ein staatliches Instrument der politischen Bekämpfung oppositionellen Gedankengutes“ darge­stellt, so Schüßlburner.

Überraschend sei die Hilflosigkeit der CDU bei solchen gegen sie gerich­teten Kampagnen für Schüßlburner al­lerdings nicht. Schließlich sei die Partei auch nicht bereit, für die freiheitlich de­mokratische Grundordnung einzuste­hen — zumindest nicht für rechts von ihr stehende Organisationen.

Josef Schüßlburner/Hans-Helmuth Knütter:

Was der Verfassungsschutz verschweigt. Bau­steine für einen Alternativen Verfassungsschutzbericht, Schnellroda 2007, 579 Seiten, broschiert, 15 Euro

 

Quelle: Felix Krautkrämer in JUNGE FREIHEIT vom 25 Mai 2007 / Seite 4 („Bedrohung der Stabilität und Sicherheit“ – Auszug)

 

Anmerkung: Die Kritik an den Ämtern für Verfassungsschutz des Bundes und der Länder trifft den Nagel auf den Kopf. Wir haben seit Jahren auf den Missbrauch hingewiesen, den insbesondere die großen „Volksparteien“ über den VS ausüben, um (potentielle) Konkurrenten kleinzuhalten. Es stellt sich mit unveränderter Aktualität die Frage: „Wer schützt die Verfassung vor dem Verfassungsschutz?“