20 Jahre JUNGE FREIHEIT

 

Der Freiheit eine Gasse!

 

Seit einigen Tagen hat das Thema bedrohter Pressefreiheit auch in Deutschland erneute Aufmerksamkeit gewonnen. Machten vor einem halben Jahr die Durchsuchungen bei der Zeitschrift Cicero Schlagzeilen, die aus geheimen BKA‑Ermittlungsakten zitiert hatte, so ist es jetzt die Affäre um das Ausspionieren von Journalisten im Inland durch den Auslandsgeheimdienst BND, dem es hierfür sogar gelang, Journalistenkollegen anzuwerben.

 

Die JUNGE FREIHEIT startete heute vor 20 Jahren als kleine Schüler­- und Studentenzeitung. Mit dem Ruf "Der Freiheit eine Gasse!" stürzten wir uns ins Getümmel des Pressemarktes und haben im Laufe dieser Jahre am eigenen Leib erleben müssen, wie schwer das Grundrecht auf Meinungsfreiheit auszuüben ist.

 

Spätestens nach der Entscheidung, 1994 als Wochenzeitung an den Start zu gehen und mit überregionalen Zeitungen in diesem Segment zu konkurrieren, geriet die JUNGE FREIHEIT ins Visier des öffentlichen Interesses. Seit 1968 war es eine zunehmend linksliberal konditionierte "kritische Öffentlichkeit" gewohnt, daß politisch‑publizistische, intellektuelle Impulse auch nur von "links" zu erfolgen haben. Daß mit der JF nun eine Zeitung auf den Markt trat, die dies aus anderer Richtung beabsichtigte, war eine Herausforderung.

 

Desillusionierend war es für die JF‑Redaktion, mit welcher Brutalität der "herrschaftsfreie Diskurs" sich als Lippenbekenntnis enttarnte und hinter der demokratischen Maske der "Zivilgesellschaft" der Terror hervortrat. 1994 und 1995 brannten Kioske, Autos, die Druckerei. Autoren wurden krankenhausreif geschlagen. An die Stelle staatlichen Schutzes trat ein Verfassungsschutz NRW, der diese Zeitung ab 1995 widerrechtlich unter den Verdacht extremistischer Bestrebungen setzte.

 

Vor einem Jahr zwangen wir das Land vor dem Bundesverfassungsgericht in die Knie. Nicht nur NRW, sondern auch Baden‑Württemberg und der Bund, die dem undemokratischen, schlechten Beispiel von NRW gefolgt waren und die JF in den letzten Jahren ebenfalls in Jahresberichten erwähnten, machten jetzt einen Rückzieher. Seit Montag, dem 22. Mai 2005 ist nach elfähriger staatlicher Verdachtsäußerung die JF von diesem Hautgout befreit. Dies geschah jedoch eigenartig lautlos. Kein Behördensprecher äußert sich dazu, weshalb über eine Zeitung elf Jahre lang die Acht verhängt wurde und nun über Nacht der Vorwurf aufgehoben wurde. Auch dies hat den Ruch des Totalitären.

 

Angesichts der Herausforderungen, vor denen unsere Nation in verschärftem Maße steht, ist ein ungetrübter Blick auf die Realitäten unserer Lage überlebensnotwendig. Journalisten sehen sich in etablierten Blättern nun vor enormen Problemen, ungeschminkt über Kernprobleme der Gegenwart zu schreiben. Ob die Folgen der Zuwanderung, des demographischen Verfalls oder der 68er Kulturrevolution: Die politisch‑publizistische Klasse, die diese gesellschaftliche Krise herbeigeführt hat, versucht der Inhaftungnahme durch Aufrichtung von Tabus zu entkommen und Journalisten an die Leine zu legen. Das wird und darf nicht mehr länger gelingen. Dafür haben wir 20 Jahre lang gekämpft und werden wir weiterkämpfen.   

 

Quelle: DIETER STEIN - Chefredakteur - in JUNGE FREIHEIT vom 26.5.2005

 

Anmerkung: Ein echter 68er würde sich an den geschilderten Maßnahmen des Gesinnungsterrors nicht beteiligen. Wir glauben auch nicht, daß die für die genannten Unterdrückung-, Verfolgungs- und Diskriminierungsmaßnahmen Verantwortlichen einschließlich der Beamten der drei Behörden des Verfassungsschutzes und der beteiligten Richter des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts in Nordrhein-Westfalen in der Wolle gefärbte 68er waren. Wahrscheinlich waren es mehrheitlich Streber, Karrieristen, Begünstigte der üblichen üblen Ämterpatronage der abgewirtschafteten "großen Volksparteien" und sonstige Mitläufer des Mainstreams.

 

Wer die Verfassungstreue der JF kennt, kann das ganze Ausmaß des Skandals ermessen. Die Krönung war dann, daß der Erfolg der JF vor dem Bundesverfassungsgericht von den korrupten Systemmedien schamvoll totgeschwiegen wurde. Armes Deutschland!

 

Erneut hat sich gezeigt, daß der Verfassungsschutz überflüssig ist wie ein Kropf und die bundesrepublikanische Justiz immer dann versagt, wenn es wirklich einmal darauf ankommt. Aber das hat ja auch schon historische Tradition, wenn man an Weimar und das Dritte Reich denkt. Schon der vormalige Vorsitzende Richter am Landgericht Lübeck / Richter am Bundesgerichtshof und jetzige Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic (DIE LINKE.PDS) hat es vor Jahren richtig erkannt: Die BRD-Justiz ist konkursreif!