Türkische Invasion

 

LA VANGUARDIA, Spanien, 20.12.2002. Gaddafi überrascht mit antitürkischer Aussage. Der libysche Staatschef Muhammar el Gaddafi ist davon überzeugt, daß die Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union der Auftakt eines islamischen Angriffs in jeder Hinsicht auf den alten Kontinent bedeutet.

 

In einer an die Welt gerichteten Internet-­Botschaft warnte Gaddafi: "Die Türkei hat ein wirtschaftliches Interesse, Teil Europas zu werden und die moslemische Welt ist an einer islamischen Nation nach dem Muster der Türkei interessiert, um innerhalb Europas als trojanisches Pferd wirken zu können. Die Türkei schaut auf Europa wie sie immer schon in ihrer Geschichte auf Europa schaute: sie versucht, durch Eroberung zu expandieren."

 

Gaddafi weiter: "Die Türkei in die EU eingliedern zu wollen kommt dem Versuch gleich, den Körperteil eines Menschen in einen fremden Körper einzupflanzen, der einer völlig anderen Blutgruppe angehört und mit dem es keinerlei genetische Verträglichkeit gibt." Obwohl, "dieses Problem in der jetzigen Generation türkischer Politiker, unter den Veteranen und Gefolgsleuten, die immer noch Atatürk verehren, weniger ausgeprägt ist, tritt es in der Jugend und den kommenden Generationen bereits virulent in Erscheinung", sagte Gaddafi.

 

Gaddafi unterstrich "die Tatsache, daß die jungen Türken sowohl mit religiösen Gleichnissen als auch dem Internet groß werden und darüber hinaus tagtäglich von den Lehren islamischer Religionsweisen beeinflußt werden, Bin Laden eingeschossen."

 

Gaddafi meint: "Der neue, radikale Islam, wird die Macht auf den Straßen der Türkei ebenso erkämpfen wie auf Regierungsebene. Dieser Islam wird sich nicht mit einer EU abfinden, deren Verfassung die Einrichtung der 'Scharia' unberücksichtigt läßt."

 

Gaddafi versichert: "Türkische Islamisten und ihre Unterstützer haben ihre eigenen Pläne für Europa. Diese sehen die Neuorientierung islamischer Staaten in Albanien und in Bosnien vor. Wenn dies gelungen ist, wird das ungläubige Europa dem Druck einer neuen europäischen islamischen Front, die von der gesamten islamischen Welt unterstützt wird, ausgesetzt sein. Europa wird dann gezwungen sein, den Islam gewähren zu lassen oder entsprechende Abgaben zu leisten, wie es im Koran vorgesehen ist. Eine Art religiöser Zoll könnte das sein." Gaddafi fährt fort: "Von jetzt an gehört die Zukunft der Türkei den islamischen Parteien und Bin Ladens Gefolgsleuten."

 

Die alarmierende Botschaft des libyschen Staatschefs endet mit einer Erklärung, warum er sich an die Weltöffentlichkeit wandte: "Dieses schreckliche Bild der europäischen Zukunft habe ich gezeichnet, weil ich mich für die Stabilität in der Welt verantwortlich fühle und weil der Frieden im Mittelmeerraum, dessen südliche Küsten sich in den Händen von Arabern befinden, bedroht ist ... "

 

Quelle: PHOENIX 1 / 2003 / 24

 

 

"Wir sind nicht die Samariter für die Türken"

 

Gewiß kann man sagen, Erdogan ist vom Militär ausgeschaltet worden ... Aber er hat das ja mit der schönen Formulierung beiseite gewischt: Es ist mir gleichgültig, wer unter mir Ministerpräsident ist. ... Es spricht doch viel für die Annahme, daß hier ein Wolf im Schafspelz agiert. Die Überlegungen der Europäischen Union, man könne durch Unterstützung der westlichen Eliten den aufkommenden Fundamentalismus zähmen, scheinen mir ... auf noch wackligeren Füßen zu stehen.

Ich bleibe dabei: Wir stehen vor zu vielen Unbekannten, um uns ein solches Experiment politisch leisten zu können. Was wir über den türkischen Islamismus unter Erbakan kennengelernt haben, bis das Militär ihn 1996/97 ausgeschaltet hat, ist nicht gerade ermunternd. Man braucht doch geostrategische Nützlichkeit nicht mit der Mitgliedschaft in einem Staatenverein, der ganz anders geprägt ist als die Türkei, zu honorieren. Die Europäische Union ist kein Samariterverein, die aufs Ungewisse hin zu helfen hat.

Die Phantasie (über die aktuelle Wirkung der reformerischen Tradition Atatürks) endet leider an der Art, wie in der Türkei mit der jüngsten Geschichte umgegangen wird. Die jung-türkische Reformbewegung, deren Galionsfigur Atatürk wurde, hat 1915/16 genau andertalb Millionen Armenier ermorden lassen und vier fünf Jahre später noch einmal anderthalb Millionen Griechen ermordet oder vertrieben aus Gebieten, die sie seit Homers Zeiten in Kleinasien besiedelt hatten. Den Armeniermord streitet die offizielle Politik bis heute ab. Als die französische Nationalversammlung das vor zwei Jahren rügte, gab es eine wüste Kampagne. Auch türkische Historiker beteiligen sich an der großen Verleugnung, obwohl die Fakten ... in der westlichen, weniger vorurteilsverhafteten Forschung ganz unstrittig sind....

 

Quelle: FAZ vom 5.11.2002 - Gespräch mit dem Bielefelder Historiker Hans-Ulrich Wehler, ein Plädoyer gegen den EU-Beitritt eines islamischen Landes